Warst du auch schonmal der festen Überzeugung, ein Ereignis fand genau so statt, wie es dir in Erinnerung blieb und du musstest festellen, dass du dich geirrt hast? Dass du dein ganzes Leben eine falsche Erinnerung im Kopf hattest? Und was wäre, wenn nicht nur du dich getäuscht hättest, sondern ganz viele andere Menschen auch?
Diese gruseligen falschen Erinnerungen werden Mandela-Effekt genannt. Der Mandela-Effekt sagt im Prinzip aus, dass sich eine große Masse Menschen an Ereignisse, Filme, Markennamen und vieles mehr falsch erinnert.
Dieser Effekt bekam seinen Namen von Fiona Broome, die sich vor ca zehn Jahren mit anderen Menschen auf einer Convention unterhalten hat. Bei ihrer Unterhaltung kam die Gruppe irgendwann auf den ehemaligen südafrikanischen Präsidenten Nelson Mandela. Die Gruppe war sich einig, Nelson Mandela verstarb bereits in den 80er Jahren in einem Gefängnis. Doch diese Erinnerungen sind falsch. Mandela verstarb erst im Jahre 2013 und zu dem Zeitpunkt der Unterhaltung war er sogar noch am Leben. Seit diesem Zeitpunkt kommen immer mehr kollektive falsche Erinnerungen der Menschen zu Tage.
Das Fruit of The Loom-Logo hatte schon immer ein Füllhorn, und du dachtest als Kind, das sei der, die oder das „Loom“ aus dem Firmennamen, oder?
Neben dem Namensgeber der mysteriösen Erinnerungen gibt es noch zahlreiche weitere Beispiele für den Effekt.
Eines der bekanntesten Beispiele ist der Satz “Luke, ich bin dein Vater”, der Darth Vader zu Luke Skywalker in Star Wars Episode V sagt. Erinnerst du dich auch an diesen Satz? Dabei wurde er so nie gesagt. Im Original sagte Darth Vader: “No, I am your father” und nicht “Luke, I am your father”. Das ist so verrückt, denn sogar der Sprecher von Darth Vader, James Earl Jones, erinnert sich an das falsche Filmzitat. Mir ist auch der Satz “Luke, ich bin dein Vater” in Erinnerung, was aber natürlich auch sein kann, weil es immer jeder falsch gesagt hat.
Wenn wir schon mal bei Star Wars sind, bleiben wir auch gleich dort. Es gibt nämlich noch ein anderes Beispiel aus der Star Wars Saga für den Mandela-Effekt. Und zwar geht es um den Roboter C3PO, der in Episode IV ein silbernes Bein hatte. Richtig, er war nicht komplett gold. Erinnert ihr euch an das silberne Bein? Ich auch nicht.
Es gibt auch viele Beispiele aus Kinderserien. Pikachu von Pokémon kennt jeder. Wie erinnerst du dich an Ash’ besten Freund? Viele erinnern sich an Pikachu’s schwarze Schwanzspitze, dabei war die niemals schwarz. Ich selbst bin mir unsicher, irgendwie erinner ich mich auch an eine schwarze Spitze, doch durch die 90er-Retrobewegung sieht man wieder viele Figuren von früher. So auch Pikachu und das eindeutig ohne schwarze Schwanzspitze.
Ein Beispiel speziell aus dem englischsprachigen Raum ist, dass sich eine große Zahl von Leuten erinnern kann, dass der Name der Berenstain-Bären einst „Berenstein“ geschrieben wurde. Ein weiteres Beispiel besteht aus Erinnerungen an einen Film aus den 90er Jahren mit dem Titel Shazaam und dem Hauptdarsteller Sinbad als Dschinn, was eine Vermischung von Erinnerungen an den Komiker in einem Dschinn-Kostüm während einer TV-Präsentation der Sinbad the Sailor-Filme von 1994 und einem ähnlich benannten Film Kazaam aus dem Jahr 1996 mit einem Dschinn, gespielt von Shaquille O'Neal, sein kann.
Eine Studie aus dem Jahr 2010 untersuchte Personen, die mit der Uhr des Hauptbahnhofs Bologna vertraut waren, der bei den Bombenangriffen auf das Massaker von Bologna im August 1980 beschädigt worden war. In der Studie erinnerten sich 92% fälschlicherweise daran, dass die Uhr seit dem Bombenangriff stehen geblieben war; tatsächlich wurde die Uhr kurz nach dem Angriff repariert, aber 16 Jahre später zur symbolischen Erinnerung an sie wieder gestoppt.
Es gibt zwei Theorien, die versuchen die falschen Erinnerungen zu erklären. Die erste versucht es mit Paralleluniversen. Also, dass die falschen Erinnerungen schon richtig sind, nur in einem anderen Universum. Laut der Theorie gibt es viele Paralleluniversen, die unserem entweder sehr ähneln oder aber auch komplett anders aussehen können. Der Mandela-Effekt könnte dadurch entstehen, dass ähnliche Universen sozusagen überlappen und es deswegen zu den falschen Erinnerungen kommt. Das heißt also, in einem anderen Universum könnte Mandela wirklich schon in den 80er Jahren gestorben sein, oder in wieder einem anderen sogar noch leben. Das klingt natürlich alles total verrückt und Beweise gibt es dafür auch nicht. Wir wissen weder, ob es überhaupt Paralleluniversen gibt, noch ob sie mit dem Effekt zu tun haben könnten. Laut vielen Wissenschaftlern ist es zwar theoretisch möglich und sogar wahrscheinlich, dass Paralelluniversen existieren, doch das alles sind nur Theorien und diese können (noch) nicht bewiesen oder widerlegt werden.
Die zweite Erklärung erscheint schon etwas logischer. Sie hat einen psychologischen Ansatz. Es gibt auch einen Namen in der Psychopathologie dafür, Konfabulation. Unter Konfabulation versteht man in der Medizin das Erzählen von frei erfundenen, objektiv falschen Begebenheiten oder Informationen, die keinen Zusammenhang zur Realität haben, die der Betroffene jedoch in dem Moment für wahr hält.
Die Enstehung der falschen Erinnerungen hat mit unserem Gehirn zu tun, und zwar wie es Erinnerungen abspeichert. Man kann sich die Erinnerungen nicht wie einen gut sortierten Aktenschrank vorstellen, sondern eher wie Spinnennetz, dass viele Verknüpfungen hat. So kann man sich nicht ein Datum denken und dazu alle Erinnerungen abrufen. Das Abrufen der Erinnerungen funktioniert doch Assoziationen. So kann man über den Gedanken an einen Hund auf eine Katze kommen und wieder daraufhin auf eine Maus. Die Maus könnte einen dann auf ein Stück Käse bringen und von diesem Gedanken könnte man Hunger bekommen usw. Nun gibt es ein paar Probleme. Viele dieser Verknüpfungen lösen sich mit der Zeit, weshalb wir uns an viele Dinge nicht mehr erinnern können. Und manche Verknüpfungen werden fälschlicherweise gesetzt, wenn neue Informationen abgespeichert werden. Jedes mal, wenn wir Erinnerungen abrufen, werden sie erneut abgespeichert. Allerdings mit minimalen Abweichungen. Wie beim Kinderspiel Flüsterpost verändern sich unsere Erinnerungen so mit der Zeit. Und da sie jedes Mal neu abgespeichert werden, glauben wir, dass wir uns glasklar erinnern können. Stattdessen rufen wir nur eine Geschichte ab. Nicht wie es tatsächlich war, sondern wie wir glauben, dass es war.