Tarvoc hat geschrieben:fehlgeleitet hat geschrieben:Und wie erklärst du dir den freiwilligen Übergang des realen Sozialismus zum Kapitalismus? Da gab es ja gar keine Kapitalisten, die diesen Staat hätten wollen können, die Chinesen mußten erst Kapitalisten ernennen!
Überleg' dir mal, was du schreibst. Laut dem GSP sind Staatlichkeit und Sozialismus miteinander schlechthin inkompatibel. Das heißt
entweder war China überhaupt noch nie sozialistisch (die Position des GSP),
oder du müsstest sagen, dass China zu seinen sozialistischen Zeiten kein Staat war. In beiden Fällen löst sich das Paradox auf, aber um den "Preis", dass deine These vom Primat der Staatlichkeit vor den materiellen Verhältnissen kein Bisschen bewiesen ist. Überhaupt hättest du
erstmal die Frage zu beantworten, wie ein sozialistischer Staat plötzlich Kapitalismus wollen können soll.
...
Meine Antwort ist, dass man nach den
materiellen Bedingungen fragen muss, unter denen ein Staat sowas plötzlich wollen und dann auch durchführen kann.
Die Position des GSP zu China und Mao kenne ich nicht (habe das Dillmannbuch nicht gelesen), aber was Russland angeht, so ist die These das der Ostblock weder sozialistisch noch kapitalistisch war, nämlich eine "Hebelwirtschaft".
Einerseits war nämlich das Geld kein richtiges Geld im kapitalistischen Sinne, man konnte es nicht investieren, andrerseits haben Stalin und seine Nachfolger den Wert als Grundlage ihrer Ökonomie angesehen und so die Marxe Beschreibung des Kapitals als eine Art Naturgesetz angesehen, dem sich auch der Kommunist beugen muss und sind so auf die Idee verfallen, das Geld als eine Art Recheneinheit zu nutzen und ausgerechnet auf die Produktion eines Mehrwerts bestanden.
Herausgekommen sind die Absurditäten der sowjetischen Planwirtschaft, wo die Betriebe in Konkurrenz zueinander versuchten profitabel zu sein, also mehr Rubel zu verdienen als in die Produktion gesteckt wurde und gleichzeitig lauter staatliche Vorgaben erfüllen mussten, an die die normalen Kapitalisten nicht gebunden sind.
Die Löhne und die Preise waren fix, die Planziffern auch, sie durften keine Leute rausschmeißen usw.
Was haben sie also gemacht? Sie haben versucht profitabel zu sein indem sie schlechtes Material verwendeten, nur Dinge produzierten deren staatlicher Preis grad hoch war, und noch viel verrücktere Sachen.
Das dieses System nicht im Sinne einer Planwirtschaft funktionierte ist offensichtlich. Stalin sah überall Saboteure, die den Kommunismus verhindern wollten, wo er einfach liquidieren lies setzten seine Nachfolger Leute ab.
Gorbatschow stellte dann fest, dass seine Hebelwirtschaft weniger Machtmittel für den Staat generierte als ein reinrassiger Kapitalismus. So bald er das herausgekriegt hatte, wollte er das ganze alte System nicht mehr.
Also war dieses politökonomische System Produkt eines staatlichen Willens und wurde als solches auch nicht mehr gewollt, als es das was der Staat sich davon versprach nicht zustande brachte.
Was wir hier vorliegen haben ist eine Revolution von oben, die einen Systemwechsel zum Kapitalismus von der Hebelwirtschaft durchgeführt haben.
tarvoc hat geschrieben:Das Umgekehrte hältst du ja auch nicht wirklich für möglich. Aber das berührt einen wunden Punkt deiner ganzen Theorie: Wo und wie bildet sich eigentlich überhaupt der "Wille des Staates"? Seine gewählten Vertreter entscheiden ja z.B. dir zufolge gerade nicht darüber, sondern sind nur ausführende Organe des bereits irgendwie anderweitig bestimmten Staatswillens. Der Staatswille selbst scheint bei dir buchstäblich aus dem Nichts zu kommen.
Der bürgerliche Staat hat geschrieben:Der bürgerliche Staat ist die politische Gewalt der kapitalistischen Gesellschaft. Er unterwirft die Agenten der kapitalistischen Produktionsweise unter Absehung von allen natürlichen und gesellschaftlichen Unterschieden seiner Herrschaft und gewährt ihnen damit die Verfolgung ihrer gegensätzlichen Sonderinteressen: Gleichheit & Freiheit. Er verpflichtet sie, die ökonomische Konkurrenz unter Respektierung des Privateigentums abzuwickeln: jeder wird gezwungen, die ausschließende Verfügung über den Reichtum der Gesellschaft anzuerkennen und zum Prinzip seines ökonomischen Handelns zu machen. Weil die Mitglieder der kapitalistischen Gesellschaft in der Verfolgung ihres individuellen Nutzens die – Schädigung der anderen betreiben, sind sie auf eine Macht angewiesen, die getrennt vom ökonomischen Leben die Anerkennung von Eigentum und Person garantiert. Ihren negativen Bezug aufeinander ergänzen sie um ihre gemeinsame Unterwerfung unter eine Gewalt, die ihre Sonderinteressen beschränkt. N e b e n ihren ökonomischen Geschäften sind sie politische Bürger, sie wollen die staatliche Herrschaft, weil sie ihren Sonderinteressen nur nachgehen können, indem sie von ihnen auch abstrahieren. Der bürgerliche Staat ist also die Verselbständigung i h r e s abstrakt freien Willens.
Der bürgerliche Staat hat geschrieben:Wenn die Staatsdiener – vom höchsten Politiker bis zum kleinsten Beamten – ihre Geschäfte ausführen, repräsentieren sie n e b e n der Gesellschaft das allgemeine Interesse, das i n ihr nicht existiert. Sie wirken f ü r die Privatsubjekte, indem sie g e g e n sie vorgehen. Dabei zeichnen sie sich durch die Rücksichtslosigkeit aus, die dem guten Gewissen, als Staatsgewalt den Willen des Volkes geltend zu machen, eigen ist. Die individuellen Wünsche der Volksangehörigen, in deren Namen sie handeln, erscheinen ihnen als unberechtigtes Hindernis, weil die Souveränität des Staates mit i h r e r Durchsetzung zusammenfällt.
Der bürgerliche Staat hat geschrieben:Mit der Verfassung genügt der Staat dem Interesse seiner Bürger an den Verkehrsformen der Konkurrenz und verpflichtet sich, alles, was er tut, in Form von Gesetzen zu vollziehen, deren Inhalt den Grundrechten zur Durchsetzung verhilft. Indem die Repräsentanten des Volkes ihr Handeln mit den Grundrechten legitimieren und es korrigieren, sobald es der Verfassung widerspricht, ist der Staat Rechtsstaat. Als solcher ist er vom Einfluß des privaten Willens auf sein Handeln emanzipiert und läßt seine Gewaltausübung nur noch an der Verfassung messen. Die Demokratie ist insofern die adäquate Verlaufsform des Verhältnisses von Staat und Volk, als sie die Identität des Volkswillens mit der Staatsgewalt abstrakt verwirklicht, also trennt von der Zustimmung der Privatsubjekte zu bestimmten Gesetzen und ihrer Ausführung. Hier ist nicht Zustimmung gefragt, sondern Gehorsam; und für den Fall, daß der ausbleibt, steht nicht der Staat, sondern der Rechtsstaat zur Disposition.
Einmal ins Leben gerufen führt der bürgerliche Staat offensichtlich eine Art Eigenleben. Ist also in etwa so wie das Gedicht vom Zauberlehrling
Vielleicht kann ich nach Beendigung des Faschismusbuch gescheit antworten, was der letzte Satz von Held bedeutet, das Buch ist 350 Seiten stark.