Lesekreis: Das Kapital

...Strategien des Chaos, um noch mehr Chaos zu produzieren...
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Bwana Honolulu
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Re: Lesekreis: Das Kapital

Beitrag von Bwana Honolulu »

Oooooh ja, wirklich sehr treffend das Schlamassel beschrieben.

Ich hab hier in Australien ja einen überzeugten Befürworter des Kapitalismus kennengelernt, der jetzt sicher sagen würde: Das liegt nur daran, daß der Staat seine Finger mit im Spiel hat, und wenn man den markt nur ließe, würde sich das von selbst einpendeln. Ich hätte ihn echt danach fragen sollen, wie seiner Meinung nach ein Gesundheitssystem mit Wirtschaftsinteressen funktionieren soll, wäre wirklich gespannt gewesen auf seine Erklärung (ich hatte schon mitbekommen, daß so was wie Obamacare von ihm komplett abgelehnt wurde). :roll:

Aber davon ab, daß wir meistens - außer z.B. im Bezug auf Zentralisierung und die Notwendigkeit von Staaten - total unterschiedlicher und meist sogar gegensätzlicher Meinung waren, muss ich dem Typen aber lassen, daß er ein wirklich offener und intelligenter Gesprächspartner war und insgesamt im alltäglichen Umgang auch ein ganz netter Mensch. Nur halt ein Fan von Ronald Reagan und Margaret Thatcher. :shudder: Fand's sehr interessant und aufschlussreich, mit so jemandem ein Gespräch führen zu können, ohne daß man sich gegenseitig in Grund und Boden trollt, wie das im Internet bei solchen Begegnungen halt quasi automatisch passier. ^^
Wenn ich schon der Affe bin, dann will ich der Affe sein, der dem Engel auf's Maul haut. XD
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Re: Lesekreis: Das Kapital

Beitrag von LordCaramac »

Marx und seine Erben haben das Problem, welches der Kapitalismus darstellt, hervorragend erkannt und analysiert, aber alle bisherigen Lösungsversuche mittels Staatssozialismus in der einen oder anderen Form sind kolossal gescheitert. Vielleicht ist tatsächlich die einzige Lösung, den Kapitalismus in einen harten Kollaps zu treiben.
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Bwana Honolulu
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Re: Lesekreis: Das Kapital

Beitrag von Bwana Honolulu »

Ja, aber dann musst du halt irgendwas bereithalten, um ihn danach zu ersetzen. Sonst kriegst du blitzschnell unkontrollierbare Verhältnisse.
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Re: Lesekreis: Das Kapital

Beitrag von fehlgeleitet »

Dieses Buch hat 135 Seiten und beansprucht die wichtigsten Aussagen von Marx Kapital (2200 Seiten!) zusammenzufassen. Ich habe mich entschlossen diese Zusammenfassung zu schreiben, weil ich den Eindruck habe das viele Grundbegriffe noch nicht klar sind.

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Vorwort:
- Produktionsweisen gehören nicht soziologisch oder philosophisch bewertet, sondern nach aufwand und ertrag zur befriedigung des materialismus der beteiligten
- 4 Gliederungspunkte
1. Arbeit für Geld
- Der zentrale Kritikpunkt am Kapitalismus ist also, dass Aufwand und Ertrag nicht mit der Befriedigung der materiellen Bedürfnisse für die allermeisten beteiligten zusammenfällt. Der materielle Reichtum und der gesellschaftliche Reichtum (das Geld) sind also nicht identisch!
- Was also ist Arbeit für Geld? Wenn für Geld gearbeitet wird, dann ist das Produkt bzw. die Ware nur das Mittel zum Zweck. Jeder Bürger ist Privateigentümer und nutzt das von ihm generierte Eigentum dazu, weiteres Eigentum zu generieren. Und zwar dadurch das das Eigentum dazu genutzt wird, Geld zu verdienen, also das zahlungsfähige Bedürfniss anderer zu nutzen, sie also quasi zu erpressen.
- Die VWL erklärt dies zu einem raffinierten Umweg, der für Arbeitsteilung und einfachen Warenaustausch sorgt. Bei genauerem hinsehen aber fällt als allererstes auf, dass das verdienen von Geld zur Verfügungsmacht über materiellen Reichtum führt, deswegen spricht Marx auch von abstraktem Reichtum, bzw. abstrakter Arbeit und genau das ist der Zweck dieser Wirtschaftsweise und nicht die Produktion nützlicher Dinge. Gebrauchswert und Tauschwert fallen auseinander.
- Die führt zu folgenden Härten: 1. Es wird zwar gesellschaftlich (für andere) produziert, aber nicht um es zu befriedigen, sondern um es auszunutzen. Zahlungsunfähige Bedürfnisse bleiben also unbefriedigt. 2. Im Gegensatz zu einem konkreten nützlichen Ding kann die Zugriffsmacht auf den gesellschaftlichen Reichtum niemals groß genug sein, weil sie ja bloß eine pure Möglichkeit präsentiert. Dementsprechend ist das Bedürfniss nach Geld unendlich, obwohl die konkreten Bedürfnisse des Menschen endlich sind. Demenstsprechend ist die Arbeit, sofern sie Geldreichtum schafft, niemals fertig, denn das Bedürfniss nach ihr ist ebenfalls unendlich. Im Gegensatz zu einem Haus, dass wenigstens in seinen Grundfesten irgendwann mal fertig gebaut ist, also sein Maß in sich hat, gilt dies für den abstrakten Reichtum und die abstrakte Arbeit nicht. Schon das zeigt, dass hier ein krasses Mißverhältniss zwischen Bedürfnissbefriedigung und Arbeit voriegen muß. Andersherum scheint es nicht so zu sein, dass Menschen maßlos arbeiten, um maßlos Geld zu kassieren. Denn dann hätten sie ja gar nichts von ihrem abstrakten Reichtum, da sie ja immer nur am arbeiten sind.
- Ohne Gebrauchswert kein Tauschwert. Kann die Ware kein Bedürfniss befriedigen, so kann ich nicht verkaufen. Andersherum muß das Bedürfniss von sich aus nicht befriedigbar sein, ich kann zb (zur Zeit) keine Luft zum Atmen verkaufen.
2. Der Gegensatz von Arbeit und Reichtum
- Ein grundsätzlicher Irrtum über das Eigentum liegt also vor, weil es nicht darum geht, etwas Privatbesitz (zB eine Zahnbürste) zu haben, sondern durch den Ausschluß anderer diese mit seinem Eigentum zu erpressen. Deswegen ist auch nur kapitalistisches Eigentum das eigentlich interessante, was Wachstum von Reichtum angeht, wie zb eine Fabrik. Die Mittellosen brauchen Arbeit um Geld zu verdienen, denn ohne Geld ein leerer Bauch. Deswegen kann der Fabrikbesitzer die Bedingungen diktieren, zu denen sie bei ihm Arbeit bekommen. Und Arbeit bekommen sie nur, wenn sie den Fabrikbesitzer damit reicher machen. Würde man diese Situation sich selbst überlassen, würde der Fabrikbesitzer die Arbeiter immer weiter herunterhandeln, damit seine Arbeiter nicht zu früh sterben, hat sich hier der Staat eingeschaltet und den Gewerkschaften in sehr engen Grenzen einen Verhandlungsspielraum gegeben. Auch dies mußte erst erkämpft werden.
- Der Lohnarbeiter ohne Eigentum benötigt die Erlaubnis seine Arbeitskraft an den Produktionsmitteln umzusetzen, die ohne Umsetzung verfällt. Das ist seine große Verhandlungsschwäche gegenüber dem Kapitalisten. Sie Verkaufen ihre Arbeitskraft, was sie schaffen gehört dem Unternehmer, geht sie also nichts mehr an.
- Der Lohnarbeiter, selbstständig oder angestellt, hat erstmal gar nichts von der Ware die er schafft, konsumieren tut nicht er, sondern der Käufer. Die Ware ist für den Verkäufer also nur nützlich, wenn sie auf zahlungsfähige Nachfrage stößt. Ansonsten ist sie nutzlos, auch wenn sie eigentlich einen konkreten Gebrauchswert hat. Das Essen das sich nicht verkaufen lässt landet in der Tonne.
- Kapitalist und Arbeiter unterscheiden sich also dadurch, dass der eine mit fremder Arbeit sein Eigentum vergrößert, der andere seine Arbeitskraft verkaufen muß um dadurch fremdes Eigentum zu vergrößern. Dazwischen gibt es noch eine Zwischenstufe von Selbstständigen, die aber in dieser Rechnung nicht besonders relevant sind, insbesondere wenn es sich um Scheinselbstständigkeit handelt.
- Wer Geld hat arbeitet nicht, wer arbeitet wird nicht reich, obwohl die Arbeit den Reichtum schafft.
3. Das nützliche Ding und das Eigentum
- Nützlich ist alles, wonach es ein Bedürfniss gibt und mag es auch nur vollkommen individuell sein. Nützlichkeit ist also etwas Subjektives.
- Eigentum ist erstmal etwas rechtliches und noch gar nichts ökonomisches. Vor dem Kapitalismus war das Eigentum noch eine unscharf definierte Sache, inzwischen betrifft es "nur" genau festgelegte Dinge, Menschen können kein Eigentum mehr sein. Eigentum ist im Kern ausschließende Verfügungsgewalt. Eigentum bedeutet also auch, dass ich frei bin mein Eigentum nicht zu nutzen, also einen Acker auch brach liegen lassen kann wenn mir danach ist. Es geht also um eine Nicht-Identität von Nutzen und Gehören, nicht um eine Identität.
- Geld ist nur der abstrakte Gegenstand, der das Recht des Eigentums zirkulationsfähig macht. Davon handelt der Marxsche Tauschwert.
- Das Produkt der Arbeit ist das nützliche Ding. Der Verkauf der Arbeitskraft führt also schon wie gesagt zu einem nützlichen Ding für jemand anders. Der Unternehmer spekuliert darauf, dass sein Vorschuss ein Lohn einen Überschuss an Profit auf dem Markt erzeugt.
- Es reicht also nicht mehr, dass die Arbeit etwas nützliches erzeugt, auch nicht, dass dieses Nützliche Ding verkaufbar ist, sondern es muß einen Überschuss einbringen, sonst lohnt sich die Herstellung des nützlichen Dinges nicht und unterbleibt. Arbeit ist in dieser Gesellschaft also nur produktiv, wenn sie eine Wertdifferenz produziert. Der eigentliche Arbeitsaufwand ist uninteressant.
- Vom Standpunkt der Kapitalproduktivität ist also gleich: Größerer Verkaufspreis, bessere Technologie (=Rationalisierung), unbezahlte Überstunden, intensivere Arbeit zum gleichen Lohn, billigere Arbeit. Ich stecke Geld rein und kriege (hoffentlich) mehr Geld raus. Vom Standpunkt der Beschäftigten sind aber all diese Dinge höchst unterschiedlich, insbesondere ist Kapitalproduktivität auch unabhängig von der Eigenart des nützlichen Dinges, dass da erzeugt wird, man kann Apfelsaft genauso verkaufen wie Autos oder irgendwelche Dienstleistungen.
- Angela Merkel lobte Deutschland, die Wirtschaftskrise gut überstanden zu haben, eben weil hier viel industrielle Produktion stattfinde und nicht bloß Dienstleistung, dementsprechend ist das Beispiel mit der Fabrik immer noch sehr aktuell. Weiterhin besitzt auch der Handel über Kapital, aslo einen Tauschwert, selbst wenn er keine nützlichen Dinge erzeugt, sondern nur welche vertreibt. Kaufland und Aldi rechnen genauso wie der Fabrikbesitzer. Sie kaufen Arbeitskraft ein und holen hoffentlich mehr raus, als sie reingesteckt haben. Ihr Kapital ist die Möglichkeit, Waren im großen Stil an den Mann zu bringen.
- Der Staat spielt als Arbeitgeber eine Sonderrolle, insofern er auch Arbeiten lässt, wenn kein Geld zu gewinnen ist, sondern ein konkretes Ding erzeugen will. Beispielsweise Schulen kosten den Staat nur Geld, die werden aber für den wichtigen Arbeitsmarkt gebraucht, die Bahn macht inzwischen sogar Gewinn. Trotzdem ist der Staat daran interessiert, möglichst viel Arbeit aus seinen Angestellten und Beamten für möglichst wenig Geld herauszuholen.
- Ausbeutung wird in den Extremen anerkannt. Das aber prinzipiell jede Form von Lohnarbeit Ausbeutung ist, verstehen die meisten Menschen nicht. Die Trennung von Arbeiter und Produkt ist schon völlig ausreichend um Ausbeutung genannt zu werden.
- Der Kapitalist hingegen ist der Meinung, dass die Arbeit ihm gehört, er hat sie ja gekauft, genauso wie Rohstoffe und Maschinen. Demenstprechend ist sie auch seine Leistung. Wenigstens handelt er praktisch so, auch wenn er sich mal zu einem Lob seiner Belegschaft herablässt. Die meisten von ihnen halten sich sogar für Leistungsträger, denn sie schaffen ja all die tollen Arbeitsplätze, an denen sich die Lohnarbeiter tummeln können. Alleine könnten sie sich ja nicht beschäftigen. Je erfolgreicher, also je mehr Glück ein solcher Unternehmer hatte, desto dümmlicher werden seine Angeberein über die eigene Leistungsvollkommenheit. Das liegt nicht zu letzt dadran, dass ihm alle in den Arsch kriechen, damit er ihnen ein Almosen hinwirft.
- Schreiten wir in dieser Logik weiter, so bekommt der Satz "Das Geld arbeitet" tatsächlich einen Sinn. Es ist die Forderung nach Wachstum an das eigene Vermögen, welches natürlich ein Ideal bleibt, wie zahlreiche Börsencrashs zeigen. Jede Investition kann eine Fehlinvestition sein, erst der Markt entscheidet darüber, welche Arbeit tatsächlich gesellschaftlich notwendig war, die Waren werden gekauft oder bleiben liegen.
- Das menschliche Arbeitskraft und Maschinen zwei verschiedene Dinge sind kriegen die Kapitalisten aber dennoch zu spüren.
- Die meisten Firmen arbeiten mit Fremdkapital, die Eigenkapitalquote ist wenn es hoch kommt vielleicht 20%. Daraus folgt, dass die Unternehmen ihren Gläubigern verpflichtet sind, der Überschuss muß nun mindestens dem Zins entsprechen, den die Gläubiger fordern. Ein Einwand gegen das bisher gesagte ist dies aber nicht. Denn es ist der Unternehmer, der sich entscheidet den Kredit aufzunehmen, eben weil er einen Überschuss erzielen möchte. Wenn sie den Vertrag unterschrieben haben, unterliegen sie natürlich tatsächlich den Sachzwängen, die sie freiwillig eingegangen sind.
- Die Banken haben die Kunst erfunden, Profit mit Geld zu machen, dass ihnen eigentlich gar nicht gehört. Dennoch gehört der Profit dann ihnen. Das Risiko das sie dabei tragen ist relativ gering zum Normalfall, der eben Profit bedeutet.
- Sich diesen Zwang nicht gefallen zu lassen führt zu einem Leben unter den Brücken. Dementsprechend braucht es eine politische Kampforganisation, um dieses Verhältniss auf politischer Ebene zu ändern. Wie man sich da individuell herauswindet ist eine Frage, die nur eine andere Form des Anpassungswillens ist.
- Es geht überhaupt nicht um individuelle Eigenschaften des Kapitalisten, sondern um die Ordnung, die da eingerichtet ist. Diese Eigenschaften sind nämlich nicht der wesentliche Grund der eingerichteten Ordnung.
4. Der technische Fortschritt
- Alle Unternehmer wollen die Produktivität ihrer Arbeit steigern. Die Arbeit kann den Zweck des Unternehmers nämlich nicht gewährleisten, nämlich dass das nützliche Ding am Markt auch gekauft wird. Die Unternehmer müssen den Markt erfolgreich nutzen, um ihren Gewinn zu machen.
- Die Kaufkraft der Gesellschaft ist beschränkt. Doch das geht den Kapitalisten erstmal nichts an. Viel direkter merkt er, dass er auf dem Markt auf Konkurrenz stößt, der ihn stört, weil er das gleiche will wie er. Das Unternehmen muß also den Konkurrenten unterbieten, folglich also auch die Produktion rationalisieren, um die selbe Gewinnspanne zu erzielen. Das kann der Unternehmer tun, indem er die Löhne senkt, was aber nicht endlos geht. Die technische Produktivität kann man aber immer weiter entwickeln. Keine Gesellschaft vor dem Kapitalismus hat die Arbeit immer produktiver gemacht, aber nicht um dem Arbeiter Arbeit zu ersparen, sondern um der Firma Lohn zu sparen. Arbeit wird eingespart bedeutet, weniger Leute werden beschäftigt. Dadurch verarmt ein Teil der Arbeiterbevölkerung, weil sie keinen Lohn mehr erhalten. Die Arbeit der anderen wird intensiviert, was heutzutage zum Beispiel bedeuten kann, dass der Lohnarbeiter sich besser konzentrieren muß und komplexere Tätigkeiten ausführen muß.
- Der Lohnarbeiter trägt insgesamt einen immer kleineren Lohnanteil, des produzierten Reichtums, weil immer mehr Kapital in den Maschinen steckt.
- Letztendlich hat der Lohnarbeiter nichts von der gesteigerten Produktivität. Entweder wird er wegrationalisiert, oder seine Arbeit wird intensiviert, niemals aber einfacher. Denn wenn das gesteigerte Produktivitätsniveau ersteinmal in der Branche verallgemeinert ist, also alle die gleiche Maschinerie haben, kann der Unternehmer nur noch am Faktor Arbeit sparen, um günstiger zu sein als die Konkurrenz. Der ganze Nutzen der Produktivitätssteigerung ist also schnell wieder eingeebnet. Hier zeigt sich wieder das die absolute Produktivität im Kapitalismus nichts wert ist, sondern nur die Differenz zur Branche. Das Wissen auch die Politiker, wenn sie von der Notwendigkeit eines Wettbewerbsvorteil reden, wenn es um den Standort Deutschland geht.
- Ist die Gesellschaft fein raus? Ja, einerseits schon. Die Rechner werden billiger. Andrerseits sinken die Löhne immer weiter, dass heißt die Arbeiterschaft verarmt absolut. Die billigeren Produkte wirken bestenfalls bremsend auf die Inflationsrate. Wenn er kann versucht der Kapitalist auch Sachleistungen anstelle von Löhnen zu geben. Verkäuferinnen können im eigenen Laden billiger einkaufen.
- Ökonomisch gesehen bedeutet Steigerung der Produktivkraft ersteinmal eine Investition. Diese muß sich erstmal lohnen im Vergleich zu Billiglohnländern mit veralteten Maschinen. Also auch im Hochlohnland muß die Maschine Lohn einsparen, sonst wird sie nicht gekauft. Wird die Maschine gekauft, dann wird auch automatisch rationalisiert, der Faktor Arbeit ist also kleiner geworden, dass bedeutet langfristig sinkt die Profitrate, weil die Konkurrenten früher oder später den gleichen Maschinenpark haben, also der Marktpreis des Produktes sinkt.
- Laut der Arbeitswertlehre ist der Preis des billigsten Anbieter einer Ware die gesellschaftlich notwendige Arbeitszeit, um dieses Produkt zu erzeugen. Angebot und Nachfrage sind dabei nur Varianz, haben keinen Einfluss auf den eigentlichen Wert. Dementsprechend tendiert der Wert der Waren gegen Null, eben je mehr automatisiert wird. Das dies nicht mit der Erfahrung übereinstimmt liegt allein an der Inflationsrate. Dies verschärft den Kampf der Unternehmen um die restlichen Profite jedoch nur noch, beschleunigt also den besagten Prozess.
- Arbeit und Reichtum landen also schließlich an sehr unterschiedlichen Stellen. Immer weniger haben Arbeit, verdienen immer weniger und der gesellschaftliche Reichtum wird bei einigen wenigen konzentriert. Gleichzeitig steigt der Anspruch der Unternehmen an den Lohnarbeiter immer weiter. Dieser Prozess ist im Kapitalismus unabwendbar. Elend ist also die Konsequenz des kapitalistischen Reichtums. Ohne Niederiglohnsektor kein Exportweltmeister. Aufstocker sind ausgesourcte Lohnzahlungen an den Staat. Der spielt mit, denn er braucht seine internationalen Monopole.
- Absurditäten sind dann unproduktive Tätigkeiten, die dann profitabel sind, wenn die Löhne nur niedrig genug sind. Wie Fahrradkurriere.
- Die Arbeitskonditionen werden durch den technischen Fortschritt also immer schlimmer. Ist ein Land in der Lage Produkte zu entwickeln, die andere gar nicht hinkriegen ist es in dieser Branche natürlich dem direkten Kostenvergleich enthoben und zahlt auch gute Löhne für seine Spezialisten, wie in Deutschland früher. Kaum können aber die Chinesen das gleiche bauen, ist dass deutsche Kostenniveau zu hoch. So kommt auch die massive Entwertung von Bildungsabschlüsse zustande. Wenn es jeder kann, dann wandert die ganze Industrie in die dritte Welt ab.
- Was ist die Alternative? Ist die Frage überhaupt nach dieser Analyse berechtigt? Aus der ganzen Analyse geht doch hervor, dass all diese Dinge nicht notwendig sind, was die technische Seite angeht, sondern vollkommen irre ist, jedenfalls aus dem Standpunkt der meisten Menschen. Das sieht man schon dadran, dass massive Gewalt notwendig ist, um den status quo aufrechtzuerhalten. Die Alternative müssen die Menschen selber machen, kann nicht von einem Einzelnen geboten werden. Es ist ein langwieriger Kampf gegen eine Produktionsweise.
- die Destruktivität des Kapitalismus ist ein Nebenprodukt. Entweder weil Bedürfnisse nicht bedient werden, weil sie nicht zahlungsfähig sind, oder weil der Gebrauchswert eines Dings vom Interesse abhängig ist. Das Atomkraftwerkt hat für den Kapitalismus einen beachtlichen Gebrauchswert, auch wenn der mögliche Schaden immens ist. Wenn die Risiken zu schlimm sind, dann macht der Kapitalismus eben auch einen Atomausstieg.

Das ist die Hälfte des Buches. Danach kommt noch das Finanzkapital und der Weltmarkt, das macht das ganze noch komplizierter, weil es auch sehr viel mit der staatlichen Sphäre zu tun hat, aber das wesentlichste habe ich nun Zusammengefasst.

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Wem das alles zu kompliziert ist, der kann mit dem Absturz einer Topschauspielerin mit Kind in die Harz4 Mühle Vorlieb nehmen. Ein paar schöne Politikerzitate inklusive, ob Grüne oder AfD, alle schwingen sie Hetzreden über "Parasiten, die nicht arbeiten, also auch nicht essen sollen".

Insbesondere die SPD tut sich hier mal wieder negativ hervor.
"Die Lehre vcn Marx ist allmächtig, weil sie wahr ist" (Lenin)

"Ideologiekrtiker setzen alle Hebel in Bewegung, um die Leute davon abzubringen, an eine jüdisch-bolschewistische Weltverschwörung zu glauben; wir derweil arbeiten an eben dieser." (Marlon Grohn)
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Re: Lesekreis: Das Kapital

Beitrag von Bwana Honolulu »

OK, bin durch (in jeder Hinsicht %D ), find's cool, daß du dir die Mühe gemacht hast, das Lesen hat sich auf jeden Fall gelohnt. :schumi: Ich hatte eigentlich noch ein oder zwei Fragen, aber bin gerade zu mürbe, um sie wieder zusammenzubekommen... :glitch: vielleicht später. ^^
Wenn ich schon der Affe bin, dann will ich der Affe sein, der dem Engel auf's Maul haut. XD
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Re: Lesekreis: Das Kapital

Beitrag von fehlgeleitet »

fehlgeleitet hat geschrieben:Gut, hier kommt der erste Teil zum Geld und Finanzkapital:

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ERSTER TEIL


Ich werde die beiden Bücher hier nach und nach durcharbeiten, es sind die Schwierigsten Bücher vom GSP Verlag wie ich finde.

Also fangen wir an mit dem Finanzkapital:
Das Interesse der Realwirtschaft, also zum Beispiel VW an einem Kredit der Banken ergibt sich folgendermaßen: Wenn VW keinen Kredit nehmen würde, so müsste es mit neuen Investitionen (Maschinen, Forschungen, neue Standorte usw.) solange warten, bis sie die erforderliche Summe am Markt verdient hat.
Durch einen Kredit bei der Bank kann es diese zukünftigen Einnahmen - gegen Zinsen - quasi Vorwegnehmen, also Geld ausgeben, dass erst in der Zukunft verdient wird - hoffentlich. Dies scheitert in regelmäßigen Abständen spektakulär und führt zu Wirtschaftskrisen.

Die Banken vergeben also Kredite, in Erwartung profitabler Geschäfte der Industriekapitalisten, gegen Sicherheiten versteht sich. Zwischen Industrie und Banken gibt es also ein gegenseitiges Interesse an gegenseitiger Ausnutzung, wobei die Banken in der Regel am längeren Hebel sitzen. Das ergibt sich daraus, dass die Industrie auf permanent neue Kredite dringend angewiesen ist, um nur ihre laufenden Kosten zu decken. Die Banken hingegen haben viele Optionen, wem sie Geld leihen, es gibt einen permanenten Bedarf bei der notorisch knappen Realwirtschaft, die alle Gewinne wieder reinvestiert.
Ganz und gar falsch ist die Vorstellung, dass die bösen Buben des Finanzkapitals den ehrlichen Unternehmer über den Tisch ziehen würden. Der Wunsch des Unternehmers, ein Unternehmen zu führen lässt ihn ganz freiwillig mit den Banken Packtieren. So entsteht ein Klassenbewusstsein des Kapitals. Nur wenn das allgemeine Wachstum gelingt, gehen auch weiterhin die Geschäfte.
Denn brechen Unternehmen ein, so verlieren die Banken die in sie investiert haben und dann wird es schwerer für die verbleibenden Unternehmen an neue Kredite zu kommen, ohne die sie nicht weiter wachsen können. Denn bei geschäftlichem Misserfolg ziehen die Banken ihre Investitionen zurück.

Geht eine Bank selbst kaputt, stellen die anderen Banken in der Regel fest, dass auch sie enorme Verluste machen, da die Schulden die die bankrotte Bank bei ihnen hatte sich in nichts auflösen. Das kann sich zu einer Systemkrise ausweiten, wenn das ganze Schneeballsystem auffliegt. Deswegen will der Staat partout verhindern, dass die Banken kaputt gehen.

Die Bank spekuliert mit dem Geld der Sparer, die bei ihnen ein Konto haben, können aber diese Grenze weit übertreten, die Eigenkapitalquote die eine Bank aufweisen muss liegt im einstelligen Prozentbereich. Auch dies ist im Sinne des Staates, der auf jeden Fall verhindern will, dass beschränkte Liquidität gute Geschäfte scheitern lässt.
Sie werden gegen die Vorlage solcher Sicherheiten von der zentralen Notenbank mit staatlichen Geldmitteln ausgestattet, der Staat oder im Falle des Euros ein Staatenbündnis tritt also gewissermaßen Als Bank der Banken auf, der selbst auf das Wachstum der durch Kredit finanzierten Wirtschaft spekuliert, andrerseits auch den Zahlungsverkehr der Banken untereinander regelt. Jede Bank hat ein Konto bei der Zentralbank, dass für Forderungen der Banken untereinander genutzt wird.
Einerseits ist das Vertrauen in die Zahlungsfähigkeit der Banken untereinander Voraussetzung für die Banken überhaupt Geschäfte miteinander zu machen, andrerseits ist dies ein permanenter Grund für Gegenseitiges Misstrauen. Gelingen die eigenen Geschäfte, so sind die der Konkurrenz wahrscheinlich gescheitert...

Das Klassenbewusstsein der Kapitalisten untereinander setzt die Konkurrenz unter ihnen also überhaupt nicht außer Kraft, es verallgemeinert nur das Risiko, dass ein Crash für alle Beteiligten hat.
Die Unternehmen konkurrieren um Bankkredite, sind also auch dann in Konkurrenz, wenn ihre Waren überhaupt nichts miteinander zu tun haben, wie zum Beispiel Segelboote und Müsliriegel, und natürlich ist die vorhandene Kaufkraft nach oben beschränkt. Für die Banken ist die permanente Geldnot ein geeigneter Erpressungshebel, auch Untereinander. Weiterhin machen sie sich keine Gedanken darüber, dass das Wachstum irgendwo an die begrenzte Zahlungsfähigkeit der Lohnarbeiter stößt. Denn die ist auch erst einmal überhaupt nicht das Kriterium, solange immer mehr Kreditgeld in die Welt gesetzt wird, mit dem wiederum Unternehmen spekulieren.
Ein Unternehmen ist heutzutage erst dann pleite, wenn der Kredit ausbleibt, die Refinanzierung der Schulden also nicht mehr möglich ist. Das führt dazu, dass die Realwirtschaft nicht mehr auf ihr eigenes Guthaben beschränkt ist, sondern dass Geld in die Hand nehmen kann, dass die Bank als Kredit gewährt. Gleichzeitig kann ein Unternehmen es sich leisten, ab und zu in die Scheiße zu greifen und ist nicht gleich pleite, solange die Bank der Meinung ist, dass ein neuer Kredit gerechtfertigt ist, in der Hoffnung das bereits investierte Geld doch noch wieder zu bekommen, dass weg wäre, wenn das Unternehmen bankrott geht.
Dafür kommt der Crash dann umso härter.

Weiterhin ist festzuhalten, dass der Staat Kraft seiner Gewalt ein (eigentlich) wertloses Stück Papier zum verbindlichen Zahlungsmittel in seinem Hoheitsgebiet erklärt, selbst zu den Tagen wo es noch ein Versprechen auf Geldware ala Gold und Silber gab, war es das staatliche Gewaltmonopol das dem Geld zu seiner Mittlerfunktion zwischen Verkäufer und Käufer verhalf. Die Arbeitswertlehre erklärt also den Wert einer kapitalistischen Gesellschaft, das Geld selbst als Maß der Werte ist jedoch ein mit Gewalt durchgesetzter Maßstab, und nicht eine natürliche Eigenschaft der Dinge.
Was der Staat allerdings nicht kann ist vorzuschreiben, wie viel sein Geld nun Wert ist. Der Wert des Geldes ist Ausdruck des Wachstums der Realwirtschaft, er wird also durch das Gelingen bzw. Misslingen der kapitalistischen Konkurrenz ermittelt und zwar international gegen den Wert anderer Gelder.

Generell kann gesagt werden, dass mit Ausschluss der Produzenten von ihrem Produkt bereits die Klassengesellschaft ins Leben gerufen ist. Wenn ich also jemanden seine Arbeitskraft abkaufe, so stelle ich sicher, dass ich mir den von ihm geschaffenen Mehrwert aneigne, der Arbeiter bleibt ein Leben lang (relativ) arm, während das Kapital des Kapitalisten wächst. Und das geht nur, weil der Arbeiter von den Produktionsmitteln ausgeschlossen ist, die er zur Umsetzung seiner Arbeitskraft braucht.
Die Banken wiederum verkaufen das Mittel, was man zur Aneignung braucht, nämlich Geldkapital, gegen eine Gebühr.
Die Banken tun so als hätten sie eine Firma, die Firmen tun so als hätten sie Geld.

Das Geld selbst dient dabei als abstrakter Reichtum, also als Mittel der Zugriffsmacht auf ein Quantum Waren. Aber im Geld selbst steckt auch bereits das Versprechen auf Wachstum, eben weil es nur gegen Zinsen herausgegeben wird.

Das die Realwirtschaft regelmäßig hinter den Versprechungen zurückbleibt, kann man zum Beispiel an der Inflation beobachten. Die Banken haben Geld in die Welt gesetzt auf Grundlage von Sicherheiten, die sich auch mal in nichts auflösen. Beispielsweise bei einer Firmenpleite.
Wenn aber die Realwirtschaft weniger Reichtum akkumulieren kann als eigentlich gedacht, so ist das in die Welt gesetzte Geld, dass ja einen Teil der produktiv gemachten Arbeitskraft in Form von Waren, auch weniger wert, es gibt also weniger Waren aufgrund der geringeren Kapitalproduktivität. So entsteht Inflation, und der Verbraucher stellt fest, dass seine Lebenserhaltungskosten mal wieder gestiegen sind.
Umgekehrt ist eine Deflation auch nicht gut für die Wirtschaft. Das bedeutet nämlich, dass die Banken weniger Kredit schöpfen, sie also ein Misstrauen gegenüber dem Wachstumspotential der Wirtschaft überhaupt hegen. Die US-Zentralbank und die EU-Zentralbank versuchen das unvermeidlich hinauszuzögern, dadurch dass sie kaum Zinsen auf ihr Geld verlangen. Eben weil es kaum kapitalistisch produktives Wachstum gibt.

Die eigentliche Lebenslüge des Finanzkapitals, nämlich das Recht auf Wachstum des Geldes, führt auch dazu, dass Unternehmen die weniger wachsen als der Durchschnitt ebenfalls als unprofitabel verkauft werden. Ist die allgemeine Zinsrate 2%, so gehen die Kapitalisten davon aus, dass sie mindestens 2% Gewinn machen müssen, denn dies ist ja ihr "Naturrecht".
Die Lebenslüge löst sich auf, wenn das Vertrauen in ein Wachstum sich spektakulär auflöst und Kapital in rauen Mengen vernichtet wird.

Denn das Wachstum hat letztendlich seine Schranke im Geldbeutel der Lohnabhängigen, deren Löhne immer weiter sinken um das Wachstum voranzutreiben, und somit irgendwann mit leerem Geldbeutel vor den vollen Schaufenstern stehen. Marx nannte dies Überproduktionskrise.

Edit: Noch ein Wort zu "strukturellem Antisemitismus" und "verkürzter Kapitalismuskritik". Das sind zwei ziemlich dumme Termini, die meistens genommen werden um jeder Kritik am Kapitalismus zu tabuisieren. Wahr hingegen ist aber, dass eine Kritik am Finanzkapital allein ziemlich ungerecht ist. Das Finanzkapital selbst heizt das Wachstum an, aber das kapitalistische Wachstum ist eben eines, dass seine eigenen Grundlagen zerstört, wie ein Parasit.
Wahr ist auch, dass das Finanzkapital weder wegen seiner Gier noch wegen seiner Unproduktivität die Krisen verursacht. Wachstum und Krise gehören zusammen wie Geburt und Tod, ein Kapitalismus ohne Krisen ist nicht möglich.
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Re: Lesekreis: Das Kapital

Beitrag von fehlgeleitet »

fehlgeleitet hat geschrieben: Das Finanzkapital/Das Geld 2. Teil

Für alle die Lesefaul sind hier die Zusammenfassung:
- Banken machen aus ihren Zinsen einen Rechtstitel, der unabhängig vom Erfolg des Schuldners ist und heben so ihre Abhängigkeit vom Geschäftserfolg des Schuldners teilweise auf
- Sie behandeln damit ihre Schuldscheine so, als wären diese bereits durch echtes Wachstum gedeckt, erschaffen so fiktives Kapital.
- Der Finanzmarkt generiert immer höhere Abstraktionsstufen, auf der höchsten Ebene geht es nicht nur um Fiktives Kapital, sondern sogar um fiktive Geschäfte, die im Grunde den Charakter von Wetten haben und dazu dienen, dass Risiko der Finanzakteure zu vergesellschaften. Beispielsweise kann man dort auf den Ausfall der Schulden wetten und sich so gewissermaßen selbst versichern.
- Das alles ändert nichts daran, dass man Schlußendlich von dem Erfolg der Realwirtschaft abhängig ist. Deren Wachstum ist jedoch prinzipiell durch die gesellschaftliche Kaufkraft begrenzt.
- Da die Konsumenten jedoch alle Lohnarbeiter sind und die Kapitalisten im Zuge der Rationalisierung immer weniger Lohnstückkosten zahlen, sägen sie alle am Ast auf dem sie sitzen
- Irgendwann gibt es den Crash und die Party ist vorbei. Irgendein Sündenbock wird gesucht und gefunden. Niemand will wahrhaben, dass der Kapitalismus immer wieder crashen muß, weil er seine eigene Grundlage zerstört



Wir haben letztes mal verstanden, dass das Finanzkapital Industrie und Handel Geld leihen, die Banken also vom Geschäftserfolg der Realwirtschaft abhängen, andersherum die Realwirtschaft vom Wachstum der Banken abhängt, weil sie auf das Geld angewiesen sind.
Um diese beidseitige Abhängigkeit zu vereinseitigen, machen die Banken aus dem geliehenen Geld einen Rechtstitel, dass zurückzuzahlen ist, ganz gleich ob die Geschäfte der Schuldner erfolgreich sind oder nicht, tut also so, als wäre der Erfolg der Kapitalinvestition garantiert und behandelt das verliehene Geld wie bereits vorhandenes Kapital, dadurch dass es die Schuldscheine wiederum als Sicherheiten behandelt, was ihre eigene Liquidität angeht.

Solche gehandelten Schuldentitel haben übrigens dann zu der Weltwirtschaftskrise 2007 geführt, als ein zufälliger Auslöser. Im Grunde nämlich ist jede Aktion des Finanzkapitals dazu geeignet, seine eigene Grundlage zu zerstören und ganze Volkswirtschaften zu ruinieren, weil es eben dass Risiko, dass mit der Spekulation auf Wachstum einhergeht vergesellschaftet, ohne dabei natürlich das Privateigentum aufzuheben.

Das Risiko einer Fehlinvestition wird rechtlich dem Schuldner überlassen, das Geldkapital wird also gekauft, bevor damit „gearbeitet“ wird.
Es gibt natürlich viele unterschiedliche Vertragsarten auf dem Kapitalmarkt (Dinge in die man investieren kann und solche, die den Zugang zu Geld ermöglichen).
Dabei hängen die Konditionen von der Marktlage und dem Konkurrenzverhältnis von Käufer und Verkäufer ab.

Umgekehrt geben die Firmen Anleihen und Aktien und eine Vielzahl anderer schöner Spielzeuge aus.

Die Anleihen sind eine versprochene Zinszahlung durch die Firma und werden dann auf dem Kapitalmarkt je nach aktuellem Geschäftserfolg und damit Vertrauenswürdigkeit der Firma gehandelt.

Die Aktie repräsentiert bei der Gründung einer AktienGemeinschaft (AG) einen Anteil des Kapitals mit dem die Firma wirtschaftet.
Es ist unwiderruflich in die Firma investiert, darf dort also nicht einfach herausgezogen werden, die Aktie jedoch kann weiterverkauft werden.
Geld kann der Aktionär damit machen, dadurch dass eine Dividende für seine Aktie ausgeschüttet wird, die mit dem aktuelle Geschäftserfolg der Firma zu tun hat. Der Wert einer Aktie wird durch die zu erwartende Dividende und mit den zukünftigen Gewinnaussichten bestimmt, im Vergleich dazu was der Kapitalmarkt sonst noch so zu bieten hat.
Der Wert einer Aktie ist also komplexer bestimmt als bloß ein Prozentanteil des aktuellen verfügbaren Kapitals.

Letztendlich hängt also der Wert aller Wertpapiere davon ab, welche zukünftige Entwicklung die zahlungskräftigen Investoren für realistisch halten – oder falls ein besonders Finanzstarker Akteur die Kurse durch riesige Investitionen gezielt beeinflussen will.
Der Handel mit Wertpapieren sorgt für ihre permanente Neubewertung. Die Spekulanten haben unterschiedliche Vorstellung über diesen Wert und einer schätzt Sicherheit mehr als den Maximalprofit, genau deswegen will der eine kaufen und der andere verkaufen.
Weil Risiko und Profit meist Hand in Hand gehen, die Anleger aber am liebsten sichere Riesenprofite hätten, gibt es dafür sogar einen eigenen Markt, den Risikotransfermarkt, mit Derivaten, also Futures und Optionen, die allesamt als Wetten einzustufen sind, in der nicht nur fiktives Kapital, sondern auch fiktive Geschäfte gemacht werden, so als wäre die Börse ein Gesellschaftsspiel, nur dass in diesem Monopoly mit Echtgeld gezahlt werden muss. Oder irgendetwas. Was echtes Geld wert ist.
Dies bildet eine höhere Abstraktionsstufe als der klassische Finanzmarkt (der sogenannte Kassamarkt) und diese Kurswetten haben mitunter schwere Konsequenzen für die Bewertung der Aktienkurse insgesamt.

Das der Immobilienmarkt zB als besonders sicher gilt hat den trivialen Grund, dass jede Geschäftstätigkeit einen Flecken Erde braucht. Andrerseits hängt der Wert einer Immobilie dann natürlich davon ab, inwieweit überhaupt ein Geschäft zu machen ist.
So erklärt sich dann auch die Blasenbildung am Immobilienmarkt, welche insbesondere durch die oben erwähnten Wetten voran getrieben wird.

Insgesamt bleibt also festzuhalten, dass der Kapitalmarkt die Zuteilung der Finanzmittel regelt, die ein notwendiges Mittel sind, will man in der Konkurrenz bestehen. Der Kursindex steht also insbesondere für die Kreditwürdigkeit eines Unternehmens und damit für ihre Konkurrenzmacht, die sowohl in ihrem aktuellen Kapital wie auch in ihren zukünftigen Wachstumsaussichten liegt.
Die Realwirtschaft versucht umgekehrt ihre kapitalistische Schlagkraft zu steigern, indem sie möglichst viele Investoren dazu bringt, möglichst viel Geldkapital in sie zu investieren.

Wettbewerbsfähigkeit, die reale Geschäftsgrundlage der Unternehmen, wird also an den Finanzmärkten entschieden.

Schließlich gibt es noch sogenannte Heuschrecken, die versuchen Unternehmen aufzukaufen, um sie dann gewinnbringend aufzulösen und den Rest mit einem Berg von Schulden zugrunde gehen zu lassen. Diese Typen wollen gar nicht in das affirmative Bild der administrativen Leistungen des Finanzkapitals passen, wenn zb jemand behauptet der Aktienmarkt diene zur Kommunikation der Unternehmen untereinander.

Was der Kapitalmarkt also leistet ist die Vergesellschaftung der Macht des Privateigentums, konkret bedeutet dass, das die gesamte Wirtschaft von ihren Aktionen, die in Konkurrenz gegen ihresgleichen durchführen, abhängt.
Dies geht solange gut, bis sie aufhören an die Kreditwürdigkeit ihrer Konkurrenten zu glauben, und dann entdecken sie regelmäßig, dass alles was sie besitzen Zahlungsversprechen von möglicherweise zahlungsunfähigen Kunden sind.
Auch das Mißtrauen kommt nicht aus dem nichts, sondern beruht darin, dass der tatsächliche Profit zunehmend hinter den Erwartungen zurückbleibt, die hochmodernen Maschinen die sich all die Unternehmen angeschafft haben spielen ihre Investitionen nicht ein, weil die vorhandene Kaufkraft der Gesellschaft mit zunehmender Rationalisierung eben zurück geht, und sich die Schranken des Marktes irgendwann für alle unweigerlich bemerkbar machen.
Die Banken stoppen ihre Investitionen und die Party ist vorbei. Der Betrieb hochwertiger Maschinen lohnt sich nicht mehr, voll funktionsfähig werden sie umgehend zu Schrott, wie sich auch gut ausgebildete Spezialisten nicht mehr rentieren.

Gründe dafür werden dann gesucht und gefunden. Gierige Manager zum Beispiel sind angeblich an dem eigentlich unvermeidbaren Schuld.
Ein solcher Manager solcher Kapitalvermögen wird bezahlt um fremdes Eigentum zu vermehren.

Das ist kein normaler Job. Zwar spielt auch hier Rationalisierung eine Rolle, aber der Lohn solcher Manager sind Peanuts im Vergleich mit den Summen um die es hier geht, und schließlich will man sich die Treue des Eigentumverwalters sicher sein.
Daraus erklären sich die teilweise enormen Löhne für eine Minderheit von Finanzjongleuren, die formal immer noch Angestellte sind.
Das Betrug trotzdem ein Thema ist, um von der Grauzone gar nicht zu reden, versteht sich von selbst.
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Re: Lesekreis: Das Kapital

Beitrag von fehlgeleitet »

fehlgeleitet hat geschrieben:Der Staat und der Finanzmarkt

Wirklich spannend ist die Entdeckung, dass der Großteil der Wertpapiere die an der Börse gehandelt werden Staatsanleihen sind. Finanzkapital und Staat haben in der Tat mehr miteinander zu tun als man auf den ersten Blick so denkt. Die staatliche Notenbank kauft bei Bedarf die Staatsanleihen zurück, was ihr den Vorwurf einbringt, sie würde einfach Geld drucken. Ganz falsch ist dieser Vorwurf nicht - denn was der Staat mit einer leichten Inflation erreicht, ist das seine Schulden auch geringer werden. Andersherum leidet die Kaufkraft der einheimischen Bevölkerung bzw. die Ersparnisse der eigenen Banken sind weniger wert.

Und so wird die ewige DIskussion zwischen Keynsianern und Neoliberalen in dem Buch auch als Scheindiskussion entlarvt.

Die Keynsianer fordern, der Staat solle Schulden machen und investieren, die Neoliberalen sagen, der Staat sei kapitalistisch unproduktiv und sollte deswegen sparen wo es nur geht. Welches Rezept das richtige ist, kommt ganz auf die speziellen Gegebenheiten an, mit denen man es zu tun hat. Was die einen Verabsolutieren, verleugnen die anderen.
Die Keynsianer sehen, dass der Staat der Gewaltsouverän ist, der das Geld in die Welt setzt, aber verkennen, dass er eben nicht den Wert des Geldes setzt, sondern die Wertentsprechung dem gelingen oder auch misslingen der Geschäfte überlässt, die mit diesem Geld umgehen. Ob sich die staatlichen Investitionen also lohnen oder ob sie in den Sand gesetzt sind, entscheidet der Finanzmarkt, der dann Staatsanleihen kauft oder sie lieber verkauft.
Die Neoliberalen erkennen, dass der Staat kapitalistisch unproduktive ist, seine Aktionen also in der Regel nur Geld kosten, wollen aber nicht verstehen, dass es die staatliche Gewalt überhaupt braucht, damit das Geld um das es ihnen geht überhaupt in die Welt kommt. Der Staat schafft also die Rahmenbedingungen, mit denen die Finanzjongleure dann ganz selbstverständlich umgehen.

Dabei ist der Interessenskonflikt viel kleiner als man so denken mag. Der Staat möchte ja, dass der Finanzmarkt funktioniert, weil er ihn eben nutzt, um neue Staatsanleihen zu verkaufen, um damit eben seine Herrschaft zu finanzieren - neben Steuereinnahmen versteht sich. Das klappt dann am besten, wenn er seine Herrschaft dazu nutzt, eben den Gang der Geschäfte im Sinne seiner großen nationalen Kapitale zu begünstigen.
Das kann natürlich nicht für alle aufgehen, die Grünen investieren lieber in erneuerbare Energien, die CDU lieber in VW. Es gibt unterschiedliche Strategien, den Finanzmarkt zu bedienen, und die Kunstfigur des Steuerzahlers darf alle paar Jahre über die rechte Strategie abstimmen.

Warum überlässt der Staat die quantitative Bestimmung des Geldwertes dem freien Markt? Nunja, würde er das nicht tun, müsste er ja die Preise festlegen, was wohl ein ziemlicher Eingriff in den kapitalistischen Wettbewerb wäre.

Der bürgerliche Staat hat also erkannt, dass die Konkurrenz der Kapitalisten untereinander ihm auf Dauer am meisten nützt, er stachelt diese Konkurrenz ja selbst durch die Geldschöpfung an, dass er zum gülitgen Zahlungsmittel innerhalb seiner Grenzen erklärt. Und natürlich versucht er dabei, seine Herrschaft möglichst kostengünstig zu gestalten, eben weil er weiß, dass er alles was er seinen großen Kapitalen wegnimmt, diese im Wettbewerb mit ausländischen Firmen nicht zur Verfügung haben.
Bei Ottonormalverbraucher greift er lieber zu. Wichtig ist bloß, dass Karl Arsch genug zu beißen hat um am nächsten morgen wieder pünktlich zur Arbeit anzutanzen. Und eventuell braucht es auch das nicht, wenn er genug ersatz hat.

Viele Arbeitgeber in Deutschland fahren auf Verschleiß. Deutschland gewinnt den Wettbewerb in der EU nicht nur wegen technologie, sondern eben auch weil deutsche Arbeit wenig kostet.
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Re: Lesekreis: Das Kapital

Beitrag von fehlgeleitet »

fehlgeleitet hat geschrieben:Ich mache meine Drohung war und werde nun den Übergang vom Kapitalismus zum Imperialismus machen, wir wollen also die staatliche Gewalt verstehen, die hinter dem Kapitalismus steht.

Dazu einleitend das letzte Kapitel Finanzkapital

Das internationale Finanzgeschäft - die Konkurrenz der Nationen

Ersteinmal stellen wir fest, dass der Staat die Gültigkeit seiner Währung und aller anderen Gesetze nur in seinem Hoheitsgebiet garantieren kann. Damit es sowas wie internationalen Handel gibt, muss es also eine Übereinkunft zwischen allen beteiligten Staaten geben, supranationalen Gremien Einfluss im eigenen Hoheitsgebiet zu gewähren, also die eigene Souveränität ein Stückweit aufzugeben, um Zugriff auf den internationalen Markt zu erhalten.

Der Staat tut das schon deswegen, weil die nationalen Kapitale gerne weiter wachsen wollen, im Kapitalismus auch wachsen müssen und dazu mehr benötigen als bloss die Kaufkraft eines einzelnen Landes.

Der Staat setzt dazu sein Geld in ein Verhältnis zu anderen Geldern, garantiert also seine prinzipielle Austauschbarkeit. Ein Hinweis darauf, wie sehr sich doch die internationalen Ökonomien ihrem Zweck nach ähneln! Die quantitative Bestimmung der Wechselkurse überlässt er entweder dem freien Markt, oder er legt einen Wechselkurs fest, indem er sie an eine bereits existierende Währung bindet. Die zweite Variante wird vor allen Dingen dann gewählt, wenn die nationale Ökonomie einem globalen Vergleich nicht wirklich aushält, also bei weniger erfolgreichen Nationen.

Der koloniale Imperialismus kannte noch den Goldstandard, der eine Deckung der Währung mit einer bestimmten Menge Gold und Silber zum Inhalt hatte, aber nie wirklich ernst gemeint war. Denn eine tatsächliche Auszahlung des Edelmetalle hätte die Enteignung des Staates bedeutet. Weiterhin waren die Edelmetalle nach zwei gewonnen Weltkriegen vornehmlich im Besitz der USA, was die anderen Währungen an den Dollar band, was auch die Aufkündigung des Goldstandards wenig änderte. Denn nach wie vor ist die auf dieser Welt geltende Wirtschaftsordnung US-amerikanisch bestimmt, dass bedeutet, dass sie primär den USA dient und ihren Vasallen, die natürlich alle danach trachten sich zu emanzipieren.

Dabei geht es nicht nur um den Tausch Ware Geld, sondern die Nationen versuchen auch Kapital zu exportieren, also wirtschaftlich so erfolgreich zu sein, dass ihre Firmen auch ins Ausland gehen und dort die billigen Löhne oder was auch immer Nutzen. Auch hier gibt es einen wesentlichen Unterschied zwischen Exportweltmeistern und Pleitestaaten.
Wo die einen Kapitale aufgrund des geglückten Nationalen Wachstums ins Ausland hineinwachsen, ist bei Pleitestaaten meistens Kapitalflucht das Motiv der Kapitalisten, woanders ihre Zelte aufzuschalgen. Genauso beim Import. Ein starkes nationales Wachstum benötigt auch eine Menge Import von Gütern, die dann weiterverarbeitet werden, wohingegen Pleitestaaten importieren, weil ihre nationalen Kapitale am Boden liegen.

Kapitalexport oder Kapitalimport sagen also wenig aus, viel interessanter ist die Nachfrage nach der eigenen Währung. Denn eine hohe Nachfrage nach der eigenen Währung bedeutet immer wirtschaftlichen Erfolg der Nation, wohingegen das Geld der Bananenrepublik nur Touristen gebrauchen können.
Nachfrage nach dem nationalen Geld bedeutet vor allen Dingen auch, dass in diesem Geld investiert wird, bzw. dass es an vielen Orten als sicheres Zahlungsmittel oder Anlagemöglichlkeit gesehen wird.

Die steigende Nachfrage nimmt die nationale Notenbank nämlich war, indem die Geschäftsbanken immer mehr Geld gegen ihre Devisen tauschen möchten. Umgekehrt wird natürlich der Devisenschatz geplündert, wenn alle das Geld loswerden wollen. Die Notenbank gibt also Staatsanleihen heraus bzw. zahlt diese aus.
Heutige Noitenbanken haben zwar Goldvorräte, verfügen aber über umfangreiche Devisenschätze, die vor allem sichere Weltwährung wie den Dollar, aber vor allen Dingen Staatsanleihen miteinschließen. Aus dem vorherigen Kapitel wissen wir, dass am Finanzmarkt vornehmlich Staatsanleihen gehandelt werden.

Zwischen den Notenbanken entbrennt also der eigentliche Standortkonkurrenzkampf. Nicht nur Unternehmen müssen kreditwürdig sein, auch für Staaten hat die eigene Kreditwürdigkeit oberste Priorität, also die Herrichtung ihres Standorten nach den Bedürfnissen des Finanzkapitals, hinter dem quasi die G7 und allen voran die USA mit ihrer ökonomischen und militärischen Wucht stehen und über das sie die globale Völkerfamilie ganz zivilisiert kommandieren können. Wer nicht spurt wird sanktioniert. Wer zusammenklöappt, dem "hilft" die IWF indem sie Kredite gegen strenge Vorgaben gibt, also massiv in die nationale Souveränität eingreift.

Der Crash
Durch die internationalisierung der Geschäfte wird natürlich auch der Crash international. Die Lebenslüge des Finanzkapitals, dass es ein Recht auf Wachstum hat, wird im Crash geständig. Wo man verächtlich über Bananenrepubliken lacht, die einfach Geld drucken, erklären sich die Banker im Crash für Systemrelevant und halten es für selbstverständlich, dass Billionen aus dem nichts ihr kaputtes Kapital ersetzen und der Staat sieht das auch so.
Das das einfach so geht - mehr oder weniger gut - entlarvt den Sachzwang, dass rentabel gewirtschaftet werden muß als gewaltsame Setzung der Imperialisten, die den kapitalistischen Konkurrenzkampf herbeiregieren, weil er ihnen eben nützt.

Offiziell verantwortlich sind am Ende die faulen Griechen, weil die schlimmsten Auswirkungen eines solchen Crashs eben an den hängen bleiben, die am kürzeren Hebel sitzen und auch weil das Finanzkapital als erstes sein Geld aus den Regionen zieht, die am wackeligsten sind.

Der Reichtum, mit dem auf dem Finanzmarkt gehandelt wird sind im Grunde Schuldscheine und das wird offensichtlich wenn der Staat mal so eben lauter faule Schulden aufkauft, und die gescheiterten Finanzjongleure mit neuer Munition ausstattet. Das kann er natürlich nicht beliebig tun, sondern muß Rücksicht auf die internationalen "Partner" nehmen - schließlich will er, dass die Staatsanleihen auch weiterhin gekauft werden und nicht als so faul gelten wie die geplatzten Kredite, die damit aufgekauft wurden.

Ich habe sicherlich viel vergessen, es war ein sehr anstrengendes und kompliziertes Kapitel. Aber soweit erstmal.
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Bwana Honolulu
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Reichsminister für Popularpodicifikation,
Hüter des Heiligen Q.
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