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Re: Gender, Diversität und Verwandtes

Verfasst: 7. Januar 2020, 09:13
von Bwana Honolulu
Tarvoc hat geschrieben: -_- Are you even serious? Nein, eine Kritik von Gerechtigkeitsbegriffen bedeutet nicht, dass man stattdessen lieber Ungerechtigkeit haben will. Das ist so weit am Punkt vorbei, dass es komisch wirkt.
Hmja, mach' mal halblang: Aus meiner Sicht hat felge ja nicht eine konkrete Gerechtigkeitsauffassung kritisiert, sondern den Begriff der Gerechtigkeit an sich, und meine Antwort darauf soll halt genau diese Absurdität aufzeigen.
Tarvoc hat geschrieben:
Bwana Honolulu hat geschrieben:Ja, natürlich ist Gerechtigkeit subjektiv, Interpretationssache und sicher auch Verhandlungssache [...] Aber eine Welt, in der Ressourcen, Arbeit, Wohlstand etc. halbwegs gerecht verteilt sind, so daß das Leben für alle erträglicher ist...
Also das Wort "Gerechtigkeit" hat keine eindeutige intersubjektiv verbindliche Bedeutung, aber wir tun jetzt mal so, als hätte es eine, und dann überlegen wir uns, wie die Welt aussähe, wenn wir diese nicht existierende Bedeutung, von der wir nur tun, als wäre sie gegeben, auf alles anwenden.

...Du siehst, was das für ein logischer Krampf ist?
Ja, OK. Was schlägst du also vor, wie man mit dem Begriff der Gerechtigkeit umgehen sollte? Sorry, hatte erst alles andere zuerst beantwortet und bin jetzt bißchen kurz angebunden.
Tarvoc hat geschrieben: :roll: Wenn wir unsere gesamte alltägliche Lebenswirklichkeit in diesem Maße umwälzen, sind wir danach natürlich nicht mehr die selben.
Ja, sehe ich auch so. Der Anfang des Satzes war wohl zu weitläufig formuliert von mir, ich wollte einfach darauf hinaus, daß eine Revolution, die Arbeits- und Besitzverhältnisse umkrempelt, halt nicht automatisch auch alle anderen gesellschaftlichen Probleme wie Diskriminierung beseitigen muss. Für mich kommt's halt immer so rüber, als wolle felge in dieser Richtung argumentieren.
Tarvoc hat geschrieben:Wie stellst du dir das vor? Die Individuen existieren als platonische Ideen in einem Vakuum außerhalb der Verhältnisse und bleiben daher starr und unverändert, während sich die Verhältnisse umwälzen?
:lol: Ich wäre lieber ein platonischer Körper, am liebsten ein Ikosaeder. XD Nein, Spaß beiseite. Ich sehe halt nicht, wo das, was felge bislang so gefordert hat, auch automatisch Diskriminierung beseitigt (aber auch nicht, wo es sich mit diesem Ziel beißen würde) und warum es schlecht wäre, etwas gegen eben jene Formen von Diskriminierung zu tun, die auch nach so einer Revolution, die sich nicht explizit auch darum kümmert, weiterbestehen würden. Wenn die "Umwälzung der Verhältnisse" entsprechend weitreichend wäre - jo, kein Problem.

Re: Gender, Diversität und Verwandtes

Verfasst: 7. Januar 2020, 11:06
von fehlgeleitet
@bwana

Also gegen die Diskriminierung darfst du gerne etwas tun, du musst dir nur klar machen, dass auch Staat und Kapital gegen Diskriminierung sind, weil sie nur eine Diskriminierung gelten lassen wollen: Und zwar die von Reich und Arm. Ok, der Staat unterscheidet dann noch zwischen In- und Ausländern und ein paar anderen Dingen, aber der Staat ist bestrebt die Vorurteile seiner Bevölkerung da abzubauen, wo sie seine Wirtschaftsordnung stören. Also wenn ein Personalchef nur Leute einstellt die männlich und weiss sind und zwar unabhänigig von der Quali, dann findet der Staat das Kacke, sieht es als eine Verschwendung von Potential. Er hat deswegen auch Gesetze dagegen erlassen.

Deswegen droht der Kampf gegen Diskriminierung zu einer Affirmation des bürgerlichen Staats zu werden. Und wie man das Verhindern möchte ist wirklich schwierig :kp:

Re: Gender, Diversität und Verwandtes

Verfasst: 7. Januar 2020, 12:19
von Tarvoc
Bwana Honolulu hat geschrieben:
Tarvoc hat geschrieben: -_- Are you even serious? Nein, eine Kritik von Gerechtigkeitsbegriffen bedeutet nicht, dass man stattdessen lieber Ungerechtigkeit haben will. Das ist so weit am Punkt vorbei, dass es komisch wirkt.
Hmja, mach' mal halblang: Aus meiner Sicht hat felge ja nicht eine konkrete Gerechtigkeitsauffassung kritisiert, sondern den Begriff der Gerechtigkeit an sich, und meine Antwort darauf soll halt genau diese Absurdität aufzeigen.
Ach so. Also es gibt neben und über den ganz verschiedenen subjektiven, inhaltlich völlig heterogenen Gerechtigkeitsbegriffen auch noch den Begriff der Gerechtigkeit an sich (!), obwohl du vorher geschrieben hattest, dass es genau das eigentlich nicht gibt.

...Die Verwirrung wird immer größer. :ugly: Was ist denn dann Gerechtigkeit an sich?

Re: Gender, Diversität und Verwandtes

Verfasst: 7. Januar 2020, 13:45
von Bwana Honolulu
Ihr macht mich fertig. -.- Nicht der Begriff "Gerechtigkeit an sich", sondern der Begriff "Gerechtigkeit" an sich. Der Begriff an sich. Du siehst den Unterscheid? War wohl potenziell missverständlich ausgedrückt, und du hast natürlich genau die Variante rausgelesen, die ich nicht meinte und auch sonst nicht herausgelesen hatte, sorry.
Ich will nicht sagen, daß es irgendwas wie "Gerechtigkeit an sich" gibt, irgendeine "absolute" Gerechtigkeit oder so. Ich wollte nur sagen, daß ich's beknackt finde, die Verwendung eines Begriffs kategorisch abzulehnen, nur weil der Inhalt dieses Begriffs subjektiv ist und individuellen Interpretationsspielraum lässt. Daß die Forderung nach Gerechtigkeit deswegen, so für sich ohne weitere Erklärung erst mal nichts aussagt - jo, ganz klar. Aber darum jede Forderung nach Gerechtigkeit einfach pauschal abzulehnen, erschließt sich mir nicht.

Ich hab' halt bei felge keine "Kritik von Gerechtigkeitsbegriffen" gesehen, sondern eine undifferenzierte Kritik der bloßen Verwendung des Begriffes "Gerechtigkeit".

War ich jetzt verständlicher? :roll:

Auf felges Beitrag antworte ich später.

Re: Gender, Diversität und Verwandtes

Verfasst: 7. Januar 2020, 16:24
von Bwana Honolulu
fehlgeleitet hat geschrieben:Also gegen die Diskriminierung darfst du gerne etwas tun, du musst dir nur klar machen, dass auch Staat und Kapital gegen Diskriminierung sind, weil sie nur eine Diskriminierung gelten lassen wollen: Und zwar die von Reich und Arm. Ok, der Staat unterscheidet dann noch zwischen In- und Ausländern und ein paar anderen Dingen, aber der Staat ist bestrebt die Vorurteile seiner Bevölkerung da abzubauen, wo sie seine Wirtschaftsordnung stören. Also wenn ein Personalchef nur Leute einstellt die männlich und weiss sind und zwar unabhänigig von der Quali, dann findet der Staat das Kacke, sieht es als eine Verschwendung von Potential. Er hat deswegen auch Gesetze dagegen erlassen.

Deswegen droht der Kampf gegen Diskriminierung zu einer Affirmation des bürgerlichen Staats zu werden. Und wie man das Verhindern möchte ist wirklich schwierig :kp:
Verstehe ich dich gerade richtig, daß du sagst "Lieber sehr vorsichtig sein beim Kampf gegen Diskriminierung und besser weniger tun als mehr, denn man könnte damit mit hoher Wahrscheinlichkeit ungewollt dem Staat bzw. dem Kapital in die Hände spielen"? :kombiniere: Oder habe ich das gerade falsch verstanden/dargestellt?

Re: Gender, Diversität und Verwandtes

Verfasst: 7. Januar 2020, 16:58
von Tarvoc
Bwana Honolulu hat geschrieben:Nicht der Begriff "Gerechtigkeit an sich", sondern der Begriff "Gerechtigkeit" an sich. Der Begriff an sich. Du siehst den Unterscheid?
Nein. Und ich glaube auch nicht, dass du ihn erklären könntest. Was ist denn der Begriff "Gerechtigkeit" an sich, also vollständig abstrahiert von den unzähligen verschiedenen Gerechtigkeitsbegriffen und ihren Inhalten und Bedeutungen, und was ist seine Bedeutung?
Bwana Honolulu hat geschrieben:Ich will nicht sagen, daß es irgendwas wie "Gerechtigkeit an sich" gibt, irgendeine "absolute" Gerechtigkeit oder so. Ich wollte nur sagen, daß ich's beknackt finde, die Verwendung eines Begriffs kategorisch abzulehnen, nur weil der Inhalt dieses Begriffs subjektiv ist und individuellen Interpretationsspielraum lässt.
Siehst du nicht, dass du hier ein Bedeutungsproblem hast? Du hast bisher noch nicht mal gezeigt, dass es sich überhaupt um einen Begriff handelt!
Bwana Honolulu hat geschrieben:Daß die Forderung nach Gerechtigkeit deswegen, so für sich ohne weitere Erklärung erst mal nichts aussagt - jo, ganz klar. Aber darum jede Forderung nach Gerechtigkeit einfach pauschal abzulehnen, erschließt sich mir nicht.
Klar, welchen Grund könnte man wohl haben, eine "Forderung" abzulehnen, die nichts aussagt, also auch nichts fordert? :ugly:

Re: Gender, Diversität und Verwandtes

Verfasst: 7. Januar 2020, 19:18
von Bwana Honolulu
Hmpf. Mal so zwischendurch: Ich hab' eigentlich gar keinen Bock, hier jetzt eine Neben-Nebendiskussion über Begriffsdefinitionen zu führen, die mich eigentlich nur auslaugt, obwohl ich meine Energie viel lieber über das eigentliche Thema dieses Threads investieren würde, statt die Diskussion hier schon wieder so nfruchtbar zerfasern zu lassen. Ich hätte aber auch gern Missverständnisse aus dem Weg geräumt und bin auch nicht begeistert davon, daß ich mir hier gerade irgendwie vorgeführt vorkomme.
Tarvoc hat geschrieben:
Bwana Honolulu hat geschrieben:Nicht der Begriff "Gerechtigkeit an sich", sondern der Begriff "Gerechtigkeit" an sich. Der Begriff an sich. Du siehst den Unterscheid?
Nein. Und ich glaube auch nicht, dass du ihn erklären könntest.
Das Wort, Tarvoc, falls es das besser trifft. Ich meine einfach nur das Wort "Gerechtigkeit", das felge direkt abgelehnt hat, bevor wir überhaupt über irgendwelche Bedeutungen reden konnten.
Tarvoc hat geschrieben:Was ist denn der Begriff "Gerechtigkeit" an sich, also vollständig abstrahiert von den unzähligen verschiedenen Gerechtigkeitsbegriffen und ihren Inhalten und Bedeutungen, und was ist seine Bedeutung?
Mu. :roll: Wir waren ja noch überhaupt gar nicht bei der Bedeutung angekommen. Es ist, als hätte man felge einen Flyer in die Hand gedrückt, auf dem "Wir fordern Gerechtigkeit!* (*: Details im Innenteil)" stand, und felge hat ihn einfach zusammengeknüllt, weggeworfen und gesagt "Da halt' ich nichts von". Ich hab' gefragt, warum er denn den Flyer ablehnt, ohne ihn überhaupt gelesen zu haben, und du, Tarvoc, fragst mich, was ich denn meine, was drinstünde, und wenn ich dir sage, daß es mir darum gar nicht geht, fragst du einfach weiter. :-|
Tarvoc hat geschrieben:
Bwana Honolulu hat geschrieben:Ich will nicht sagen, daß es irgendwas wie "Gerechtigkeit an sich" gibt, irgendeine "absolute" Gerechtigkeit oder so. Ich wollte nur sagen, daß ich's beknackt finde, die Verwendung eines Begriffs kategorisch abzulehnen, nur weil der Inhalt dieses Begriffs subjektiv ist und individuellen Interpretationsspielraum lässt.
Siehst du nicht, dass du hier ein Bedeutungsproblem hast? Du hast bisher noch nicht mal gezeigt, dass es sich überhaupt um einen Begriff handelt!
Warum auch, das ist überhaupt nicht der Punkt. :lol:
Tarvoc hat geschrieben:
Bwana Honolulu hat geschrieben:Daß die Forderung nach Gerechtigkeit deswegen, so für sich ohne weitere Erklärung erst mal nichts aussagt - jo, ganz klar. Aber darum jede Forderung nach Gerechtigkeit einfach pauschal abzulehnen, erschließt sich mir nicht.
Klar, welchen Grund könnte man wohl haben, eine "Forderung" abzulehnen, die nichts aussagt, also auch nichts fordert? :ugly:
Welchen Grund könnte man wohl haben, etwas abzulehnen, bevor überhaupt klar sein kann, was es ist?

Ich würde mich freuen, wenn wir jetzt so langsam wieder zur Genderdiskussion zurückkommen könnten. Abschweiferei in allen Ehren, aber das hier bringt mir einfach nichts und ich verliere das Interesse.

Re: Gender, Diversität und Verwandtes

Verfasst: 7. Januar 2020, 19:29
von Tarvoc
Bwana Honolulu hat geschrieben:
Tarvoc hat geschrieben:Was ist denn der Begriff "Gerechtigkeit" an sich, also vollständig abstrahiert von den unzähligen verschiedenen Gerechtigkeitsbegriffen und ihren Inhalten und Bedeutungen, und was ist seine Bedeutung?
Mu. :roll: Wir waren ja noch überhaupt gar nicht bei der Bedeutung angekommen. Es ist, als hätte man felge einen Flyer in die Hand gedrückt, auf dem "Wir fordern Gerechtigkeit!* (*: Details im Innenteil)" stand, und felge hat ihn einfach zusammengeknüllt, weggeworfen und gesagt "Da halt' ich nichts von". Ich hab' gefragt, warum er denn den Flyer ablehnt, ohne ihn überhaupt gelesen zu haben, und du, Tarvoc, fragst mich, was ich denn meine, was drinstünde, und wenn ich dir sage, daß es mir darum gar nicht geht, fragst du einfach weiter. :-|
Die Frage ist halt, warum du den Inhalt deiner Forderungen nicht direkt auf's Cover druckst, sondern im Innenteil versteckst. Einfach nur als design choice? :ugly:

Re: Gender, Diversität und Verwandtes

Verfasst: 7. Januar 2020, 19:42
von Bwana Honolulu
:wat: Ich? Ich hab' den Flyer weder gestaltet noch verteilt, felge hat nur davon erzählt. :why: Ich dreh' am Rad, ey! :gaga:

Warum fragst du mich danach, warum felge meint, es gebe diese Forderung nach nicht weiter definierter Gerechtigkeit? :kp: Ich meine, ich würde das selber gern wissen, wie er darauf kommt. :roll:

Re: Gender, Diversität und Verwandtes

Verfasst: 8. Januar 2020, 07:00
von LordCaramac
Zurück zum Thema: Die Klein- bzw. Kernfamilie ist ein Konstrukt der modernen bürgerlichen Gesellschaft und definitiv in einem kapitalistischen Kontext entstanden, aber die Grundidee der Familie - als weitverzweigte Großfamilie - entstand bereits in vorgeschichtlicher Zeit, zusammen mit dem Patriarchat. Wichtig ist dabei die männliche Kontrolle über die weibliche Sexualität, damit der Mann sicher sein kann, daß er der Vater ist. In den wenigen matriarchalen Gesellschaften, die heute noch existieren, ist das Konzept der Vaterschaft teilweise komplett unbekannt, teils ist es so, daß die Väter einfach keine wichtige Rolle im Leben ihrer Kinder spielen. So etwas wie "Ehe" gibt es im Matriarchat nicht, ebensowenig wie Tabus gegen Homosexualität - es wird einfach gevögelt, wie man Bock hat, und wenn eine Frau ein Kind bekommt, ist es ihrs.

Patriarchat und Matriarchat sind im Wesentlichen verschiedene Formen der Organisation von Stammbäumen - über die väterliche oder die mütterliche Linie. Jedoch läßt sich das Patriarchat nur über eine rigide Sexualmoral (besonders für Frauen) durchsetzen. Seit der ersten Welle des Feminismus wackelt das Patriarchat mehr oder weniger stark in den meisten Industrieländern, wird auch in Entwicklungs- und Schwellenländern bereits hier und dort angekratzt, aber global sitzt es doch noch ziemlich fest im Sattel.

Der Kapitalismus nutzt das Patriarchat für seine Zwecke, solange es stabil ist, aber wenn es wegbröckelt durch die Erfolge der Frauen- und Queer-Bewegungen, dann kann das Kapital sich auch damit arrangieren.