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Posted by david on 12/04/11 • Categorized as Medien und Öffentlichkeit, Winter 2011
Die utopia macht dicht – doch Medienvielfalt ist wichtig. Jetzt seid ihr dran!
Bevor du beginnst deine eigene Zeitung zu machen, musst du dir erst einmal viele Fragen beantworten: Wen willst du mit der Zeitung erreichen? Über welche Themen soll berichtet werden? Wie viele Leute sind für das Projekt nötig? Wie wird es finanziert? Wie oft soll die Zeitung erscheinen? Und wie wird sie vertrieben? Wenn du zum Beispiel mit deiner politischen Jugendgruppe eine Zeitung für euren Ort machen willst, reicht es anfangs sicherlich erst einmal aus, regelmäßig ein doppelseitig kopiertes DIN A4- oder A3-Blatt als Zeitung herauszugeben. Das sollte aber möglichst regelmäßig – also beispielsweise immer am Monatsanfang – passieren. Die Kosten sind dabei gering und die Zeitungen können einfach in die Briefkästen gesteckt werden. Anders ist es da bei einer Zeitung mit breiter Verteilung wie der utopia – da braucht es schon eine gewisse Vertriebs- und Finanzierungs-Struktur. Egal was du planst, folgende Tipps können bei deinem Zeitungsprojekt helfen.
Treffen und Redaktion
Wichtig bei einer Zeitung ist natürlich die Redaktion. Sie macht die Zeitung. Bevor auch nur eine Zeile veröffentlicht wird, muss die Zeitung bei einem Redaktionstreffen (oder einer Telefonkonferenz) erst mal geplant werden – das gilt sowohl für den inhaltlichen (Welche Texte und Bilder kommen in die Zeitung?) als auch für den organisatorischen (Wer kümmert sich um den Druck und den Vertrieb?) Teil. Einige wichtige Fragen, die es für deine Zeitung zu klären gilt, findest du bzw. findet ihr als Redaktion in der Infobox in dieser utopia.
Bei der utopia selbst gab es bei 21 Ausgaben insgesamt 19 Redaktionstreffen (in Münster, Berlin, Hannover, Erfurt, Bochum, Kassel…) und drei Telefonkonferenzen. So ein Redaktionstreffen kann schon mal einige Stunden dauern, ist aber auch immer ganz nett.
Struktur und Organisation
Nach dem Treffen erledigt dann jedes Redaktionsmitglied die Aufgaben, die er übernommen hat – etwa das Anschreiben externer AutorInnen für Texte oder Fotos für einen Artikel machen. Wichtig ist dabei auch die Kommunikation innerhalb der Redaktion: Kommen alle Artikel pünktlich? Wo gibt es Probleme? Und wer braucht vielleicht noch Unterstützung, um seine/ihre Aufgabe zu erledigen?
Die utopia hatte dazu einen E-Mail-Verteiler (ihr könnt z.B. einen bei yahoogroups einrichten) und einen Account beim linken Internet-Hoster „riseup“ – alles kostenlos verfügbar. Fertige Artikel wurden dann immer über den Verteiler geschickt bzw. bei riseup hochgeladen, damit jede_r aus der Redaktion auf dem neuesten Stand war und sich zum Artikel äußern konnte – ihn zum Beispiel nochmal auf Schreibfehler durchlesen konnte. Die utopia hat immer viel Wert auf Basisdemokratie gelegt: Alle konnten bei Allem mitreden. Das letzte Wort beim Artikel hat immer der_die Autor_in des Texts – inhaltliche Verbesserungsvorschläge der Redaktion konnten angenommen oder begründet abgelehnt werden. Wenn ihr alle Texte und Fotos beisammen habt geht es weiter: jemand muss die Zeitung layouten. Bei kleinen DIN A4 oder A3-Zeitung bekommst du das sicher noch mit gängigen Textprogrammen hin. Komplizierter wird es, wenn deine Zeitung im Zeitungsformat von einer Druckerei gedruckt werden soll – dann ist schon ein richtiges Layout-Programm wie etwa Scribus, ein kostenloses Layout-Programm, das ihr im Internet herunterladen könnt, nötig. Unterschätzt das Layouten nicht! Die utopia hatte damit länger große Probleme, da niemand so richtig layouten konnte.
utopia - von kritischen Lesern empfohlen. Foto: Felix H.
Nicht zu vergessen sind auch die Finanzen. Eine Zeitung muss (oder besser gesagt sollte) gegenfinanziert sein. Ermittelt die euch entstehenden Kosten – also die von Druck und gegebenfalls (Post-)Vertrieb. Dann müsst ihr Geld beschaffen. Das kann – wie bei der utopia – über Anzeigen und Spenden einigermaßen funktionieren. Vielleicht gibt es ja ein lokales Geschäft oder einen Laden, der euch unterstützt. Wenn ihr keine finanzstarke Organisation hinter euch habt, die euch unterstützen kann, gibt es auch die Möglichkeit Stiftungen oder im Notfall euch nahestehende Parteien oder Gewerkschaften anzufragen. Denkt nach – irgendwo lassen sich schon einige Euro herbekommen!
Druck und Vertrieb
Je nach Auflage und Format kann der Druck einer Zeitung ziemlich viel kosten. Hingegen sind Copy-Shops teilweise recht preiswert – überlegt euch daher gut, ob es sofort eine „richtige“ Zeitung sein muss oder ob es nicht erstmal reicht einfach zu kopieren. Eine gefaltete Seite DIN A3 ergibt beidseitig bedruckt bzw. kopiert immerhin schon vier Seiten im A4-Format. Das ist schon was! Auch für den Vertrieb müsst ihr euch Gedanken machen. Immerhin soll die fertige Zeitung ja nicht sofort im Müllcontainer landen. Jede Zeitung einzeln oder als Paket zu verschicken kostet viel Geld – die utopia-Redaktion kann ein Liedchen davon singen, da die Vertriebskosten die Zeitung 2010 fast in den finanziellen Ruin getrieben hätten. Falls ihr eine Zeitung für euren Ort oder euer Stadtviertel machen wollt, gibt es andere günstigere (aber auch anstrengendere!) Vertriebswege: die Zeitungen einfach in Briefkästen stecken, in der Innenstadt an die Leute verteilen oder an belebten Orten (vom Jugendzentrum bis zur Bäckerei) auslegen.
Die utopia wurde in Frankfurt am Main professionell gedruckt. Von dort aus wurden auch alle Abonnements verschickt. Wer zwischendurch eine Zeitung bzw. einen Zeitungsstapel wollte, bekam diese von einem Redaktionsmitglied zugeschickt – eine dauerhafte und monotone Arbeit, die bei einer Zeitung aber auch manchmal gemacht werden muss.
Der Rest
Zeitungmachen macht Spaß! Auch wenn es manchmal schwer fällt die Seiten regelmäßig zu füllen, lohnt es sich. Mit Medien kann man viele Leute erreichen und in seiner Stadt – auch wenn sie nur klein ist – neben den großen Mainstream-Tageszeitungen ein kleines, kritisches Monatsblatt zu veröffentlichen, ist in den allermeisten Fällen dringend nötig! Schaut doch mal, was örtliche Großunternehmen so anstellen oder ob nicht in der Bundeswehr-Kaserne nebenan der Afghanistan-Krieg geplant wird. „Große“ Tageszeitungen sind gerade bei lokalen Themen oft sehr unkritisch und machen Hofberichterstattung für die lokalen Politiker_innen.
Ihr könnt natürlich auch eine Online-Zeitung machen. Druckkosten und anstrengender Vertrieb fallen dadurch praktischerweise weg, es hat aber auch den Nachteil, die Leute auf der Straße nicht direkt erreichen zu können. Wenn ihr den Leuten in der Innenstadt eine Papierzeitung in die Hand drückt ist die Chance, dass eure Artikel gelesen werden, größer als wenn ihr ihnen einen Link für euer Online-Magazin schickt.
Am Anfang läuft bei eurer Zeitungsproduktion sicher noch das Ein oder Andere schief. Lasst euch davon aber nicht unterkriegen. Auch bei der utopia war es ein „learning by doing“. Es hat lange Zeit gut geklappt und wir blicken zufrieden auf die letzten vier Jahre zurück – es waren tolle Jahre! Doch nun seid ihr dran. Sorgt für eine kritische, linke Presse in eurer Stadt, in eurem Land und überall!
Michael Schulze von Glaßer
Alles klar? Diese Fragen solltet ihr für euch beantworten können, wenn ihr eine Zeitung machen wollt:
Welchen Inhalt soll eure Zeitung haben?
An wen soll sich eure Zeitung richten und wie muss sie gemacht sein, um die Leser_innen zu erreichen? (z.B. sollten in einer Schüler_innenzeitung möglichst wenig Fach- und Fremdwörter benutzt werden)
Welches Format (z.B. DIN A4 oder „richtiges“ Zeitungsformat) soll die Zeitung haben und wo soll sie kopiert/gedruckt werden?
Welche Auflage soll die Zeitung haben?
Habt ihr genügend Leute in der Redaktion, um die Zeitung regelmäßig produzieren zu können?
Welche Kosten entstehen bei der Zeitung (z.B. für den Druck) und wie wollt ihr diese decken (z.B. mit Anzeigen)?
Wie soll die Zeitung an die Leute gebracht werden (z.B. in Briefkästen stecken)?
Soll Die Zeitung offen sein für neue Leute, und wenn ja, wie erreicht ihr diese?
Wann und wo können regelmäßige Redaktionstreffen stattfinden
Das nur mal am Rande.