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Temporäre Autonome Zone

Der Begriff Temporäre Autonome Zone wurde durch den englischsprachigen Schriftsteller und Philosophen Hakim Bey geprägt. Er etablierte sich für soziale und politische Aktionsformen, welche einen kurzlebigen Freiraum schaffen. In diesem sind nach Bey sonst übliche Systemgesetze außer Kraft gesetzt.

Erstmals verwendet wurde der Begriff in Beys Buch T.A.Z.: The Temporary Autonomous Zone, Ontological Anarchy, Poetic Terrorism ('T.A.Z.: Die Temporäre Autonome Zone, Ontologische Anarchie, Poetischer Terrorismus').

„Die temporäre autonomen Zone ist […] ein Palimpsest aller utopischen Theorien und Begierden. Sie schafft die Matrix einer anti-autoritären Bewegung, in der es möglich ist das ganze Durcheinander anarchistischer, libertärer, syndicalistischer, anarcho-kommunistischer, post-situationistischer Tendenzen zusammenzuklumpen. Diese Vereinigung des nicht Einheitlichen wird nicht von Idiologie getrieben, sondern von einer Art aufständischen Krachs oder Chaos der Revolte, der Verneinung und der Offenbarung. Hundert, tausend Blumen des Widerstands, der Verschiedenheit, des nicht-ordinären Bewußtseins werden blühen - der Wille zur Macht als Andersartigkeit.“

Im Zeitalter der modernen Kommunikation sind TAZ sehr leicht zu gestalten. Dazu zählen zum Beispiel spontane Kaufhausdemonstrationen bei Kaufhof oder das massenhafte Niederwerfen vor verdutzten Streifenpolizisten aber auch das altbekannte „Flitzen“ (also nackig durch die Stadt, nen Fussballstadion oder sonstwas rennen). Jede Art von ungewühnlichen Aktionen, die in der Regel legal (aber halt ungewühnlich sind) können durch das entstandene Chaos eine TAZ erzeugen.

T.A.Z.: The Temporary Autonomous Zone, Ontological Anarchy, Poetic Terrorism

In seinem Buch definiert Hakim Bey eine Temporäre Autonome Zone als eine Situation, in der herrschende Gesetze und Ordnungen zeitweise und lokal außer Kraft treten. Autoritäten verlieren hierin ihre Macht, neue, nicht vorhersehbare Begegnungen und gemeinsame Erfahrungen werden möglich. Während Staaten auf feste Strukturen bauen müssen, können sich Temporäre Autonome Zonen schnell Räume schaffen, in denen eine andere oder zukünftige Gesellschaftsform gedacht oder (voraus)gelebt werden kann.

Im Buch präsentiert Bey ein Konglomerat von Ideen der Situationisten, Anekdoten, surrealistischen Forderungen, Kunstkonzepten, Mystik und Anarchismus. Schlüsselbegriffe von Bey sind poetischer Terrorismus, Chaos, Anarchie, Zauberei, Genuss und Vernetzung.

Die Praxis der Idee

Vorstellungen von Bey finden sich in Aktionen wie der ersten Loveparade, Hausbesetzungen, der Reclaim the Streets-Bewegung, Flashmobs und der Kommunikationsguerilla, älter und institutionalisiert auch im Karneval wieder. Solche und ähnliche, meist gewaltfreie Aktionsformen verbreiteten sich auf den gesamten Globus. Die Praxis der Temporären Autonomen Zone hat Parallelen zu Guerilla-Taktiken. Die obengenannten Aktionsformen demonstrieren die Vielfalt an Möglichkeiten von politischer Intervention. Im Gegensatz zu traditionellen Guerilla-Taktiken handeln die Akteure oft gewaltfrei. Dies lässt sich durch das Grundverständnis einer Temporären Autonomen Zone erklären: Die Macht eines Staates soll nicht durch direkte Konfrontation zerbrochen oder zerbröckelt werden. Sie soll marginalisiert werden, indem nicht zugelassen wird, dass entfremdete und insbesondere unfreie Verhältnisse dauerhaft und flächendeckend dominieren können.

Literatur

Siehe auch

Quellen