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bolo'bolo

Dieser Artikel würde sich sicher über Inhalt freuen. Zumindest, soweit ich die Psychologie von Artikeln beurteilen kann.

Ein städtischer bolo.

Bolo'bolo ist der Titel einer 1983 erschienenen anarchistische und antikapitalistische soziale Utopie des schweizer Autoren p.m., bürgerlich Hans Widmer.

In bolo'bolo ist ein bolo eine autonome Gruppe von einigen hundert ibus (im Groben und Ganzen bezeichnet dies Menschen), die durch ihr gemeinsames Interesse an einem bestimmten nima (etwa: Mentalität) vereint sind. Einzelne ibus können bolos wechseln und müssen gastfreundlich behandelt werden. Der Begriff gehört zu einer fiktiven Plansprache (eher nur ein Grundvokabular) namens asa'pili, die in einer auf bolos aufgebauten Weltgemeinschaft verwendet werden soll.

Kritik am Bestehenden

Die bestehenden Gesellschaftsordnungen, sowohl Kapitalismus im Westen als auch Staatssozialismus im Osten, werden von p.m. unter dem Begriff der planetaren Arbeitsmaschine (PAM) zusammengefasst. Überall herrscht entfremdende (Zwangs-)arbeit, das Gesetz „Wer nicht arbeitet, soll auch nicht essen“, ist allgegenwärtig.

Die PAM teilt die Menschen ein in A-, B- und C-Arbeiter, welche gegeneinander arbeiten. Als A-Arbeiter versteht p.m. die Manager, leitenden Angestellten und gutausgebildeten Führungskräfte, welche hauptsächlich, aber nicht nur im Westen zu finden sind. B-Arbeiter sind dagegen klassische Industriearbeiter. Den „schlechtesten Deal mit der PAM“ haben schließlich die C-Arbeiter gemacht. Bei ihnen handelt es sich um die Land-, Arbeits-, Recht- und Zukunftslosen. C-Arbeiter findet man hauptsächlich im Süden, aber natürlich auch in allen anderen Ländern der Welt.

Keine der drei Klassen hat wirklich Gewalt über das, was mit ihr oder den anderen passiert. Sie alle sind den Wirkungen der PAM schutzlos unterworfen. Zwar kann ein A-Arbeiter sehr viel mehr entscheiden, als ein C-Arbeiter, doch auch er ist den „Sachzwängen der PAM“ ausgeliefert.

Die Überwindung

Um die PAM zu überwinden, kann man nicht auf Änderungen in einzelnen Ländern hoffen. Reformen werden als nutzlos verworfen, die PAM kann nur vollständig und vor allem weltweit überwunden werden. Als erster Schritt in diese Richtung werden Verbindungen quer über die Arbeiterklassen hinweg vorgeschlagen: A-Arbeiter müssen C-Arbeiter kennenlernen und mit Ihnen zusammen arbeiten und leben. Widerstand müssen alle Klassen aber auf ihre Weise leisten - die A-Arbeiter durch Computersabotage und bewußt falsche Entscheidungen, die B-Arbeiter mit Streiks und Fabrikbesetzungen, die C-Arbeiter mit Straßenkampf.

Insgesamt ist dieser Abschnitt des Buches der am wenigsten befriedigende. Es wird nicht klar, wie eine Stategie aussehen könnte, die Mittel bleiben zweifelhaft.

Das Ziel

Für die Zeit nach der PAM schlägt p.m. ein Netz aus autonomen Gemeinschaften, den bolos, vor. Ein bolo besteht aus etwa 600 Personen und sollte bevorzugt in städtischen Gebieten liegen. Einem bolo angeschlossen sind ein oder mehrere Landgüter, welche die Versorgung mit Lebensmittel sicherstellen (Hier ist auch eine Assoziation mit ländlichen bolos möglich).

Bolos können zahllose Formen haben - von umgebauten städtischen Quartieren über Landgüter bis hin zu nomadischen Gruppen ist alles denkbar. Die bolos sind in Regionen organisiert, welche wiederum zu größeren Einheiten zusammengefasst werden. Die politische Entscheidungsfindung findet im bolo selbst durch Vollversammlungen statt, in Regionen und größeren Einheiten durch Räte mit Abgesandten aller bolos. Die Abgesandten werden nach dem Rotationsprinzip bestimmt.

Wirtschaftlich schließen bolos miteinander Tauschverträge, für Krisenzeiten legen die Regionen Lager an, welche einen bestimmten Anteil der jährlichen Produktion enthalten. Jedes bolo muß etwa 10% der Gesamtarbeitszeit aller bolo-Bewohner für Gemeinschaftsarbeit in Region oder übergeordneten Einheiten zur Verfügung stellen. Diese Fronarbeit umfasst zum Beispiel die Bewachung von abgeschalteten Atomanlagen, die Anlage und Pflege größerer Infrastruktur etc.

Ebenfalls muß jedes bolo zehn Prozent seiner Resourcen für Reisende bereithalten, welchen täglich 2000 Kalorien und ein Schlafplatz zustehen. Im Gegenzug wird von Reisenden, die länger als eine Woche bleiben, erwartet, dass sie entsprechend im bolo mitarbeiten.

Die PAM zu besetzen ist allerdings Zukunftsmusik zu Hippiezeiten gewesen. Wie sich andererseits schon in Punk-o-bolos herumgesprochen hat, spielt hierbei nix ein bis zwei Rollen.

asa'pili

Abstrakte Glyphe für das Wort und das Konzept bolo.

Die von p.m. für bolo'bolo konstruierte Sprache nennt sich asa'pili. - von asa „die Welt“ und pili „die Sprache“. Bolo, ebenfalls ein Begriff des asa'pili bedeutet „Gemeinschaft“, die Verdoppelung entsprechend „Gemeinschaft der Gemeinschaften“. Der einzelne Mensch heißt ibu.

Einerseits handelt es sich bei asa'pili um eine Kunstsprache, die dafür gedacht ist, die Konzepte des Autoren für eine nachhaltige Zukunft auf originalle Art zu erklären. Andererseits ist asa'pili aber auch als neutrale Lingua Franca für die quasi-utopische, auf bolo basierende globale Gemeinschaft gedacht, die der Autor in seinem Buch beschreibt. Asa'pili ist keine vollständige Sprache, sondern umfasst lediglich ein Vokabular von rund dreißig Wörtern, die im Bezug auf kulturelle Institutionen und Konzepte genutzt werden können. Sie ist somit zwar extrem reduziert, gerade dadurch aber leicht zu erlernen.

Eine Intention für die Erschaffung dieser neuen Sprache war aus der Sicht des Autors auch, dass vorhandene Begriffe durch Missbrauch häufig negativ besetzt und inhaltlich korrumpiert waren.

Die ursprüngliche Idee, warum ich diese komischen Geheimsprachen kreiere, ist, dass die Terminologie der europäischen Linken nicht mehr brauchbar war. Wenn man heute von Kommunismus redet, ist das Gulag, das will ja niemand. Oder man redet von Sozialismus, dann ist das die Politik eines Schröder, der Renten kürzt, das will ja auch wieder niemand. Und auch alle anderen linken Standardausdrücke wie Solidarität, Gemeinschaft, sind alle kontaminiert und nicht mehr brauchbar. Aber die Dinge, die dahinter stehen, sind ja eigentlich sehr gut. Ich wollte nicht unter einer Terminologie mitleiden müssen, die ich nicht verschuldet habe, da kreiere ich lieber eine eigene. Weil jemanden zu erklären, dass der Kommunismus, den ich meine, nicht der ist, den ich gesehen habe, das dauert wahrscheinlich viel länger, als zu sagen, ich will einfach bolo'bolo, und dann macht euch alle Gedanken wieder von neuem. p.m. 2005

Daku - Krieg in bolo'bolo

Für unlösbare Konflikte zwischen Einzelpersonen, bolos oder gar ganzen Regionen, schlägt p.m. geordnete Duelle vor, genannt daku. Unter Aufsicht der jeweils übergeordneten Einheit treffen sich die Kombattanten, um unter vorher ausgehandelten Regeln gegeneinander anzutreten. Die Kosten für Zerstörungen während des daku, für das Bereitstellen der Aufsichtspersonen etc kommen die Kombattanten auf.

Siehe auch

Quellen