Lee Randall hat geschrieben:Warum wir unseren Krempel lieben sollten
Trennt euch von den Dingen, löst euch vom Materiellen, empfehlen Minimalisten und Konsumkritiker. Nicht zu voreilig, mahnt Lee Randall: Unsere Persönlichkeit braucht Besitz, unser Ich lebt auch in Objekten
Wir wissen, wer wir sind, wenn wir betrachten, was wir besitzen – der französische Philosoph Jean-Paul Sartre hat diesen Gedanken formuliert. Und Marketingexperten, Anthropologen, Psychologen und Soziologen unserer Tage, die sich mit dem Thema Eigentum und Identität beschäftigen, gelangen zu dem gleichen Schluss: Wir finden uns selbst in den Dingen, mit denen wir uns umgeben.
Das hat wenig mit Wohlstandsdenken zu tun, aber viel mit einem offenbar tiefen Bedürfnis in uns: nämlich Erinnerungen, Werte und Erfahrungen in konkreten Objekten zu speichern, sie so vor dem Vergessen zu bewahren.
Öffnen Sie meine Haustür, und das Erste, was Sie sehen, sind Bücher. Buchreihen, die sich an den Wänden entlangziehen, Bücher, die sich auf Tischen stapeln. Ein jedes von ihnen ist ein autobiografischer Datenspeicher meiner selbst, eine Erinnerung daran, wer ich war, als ich es las, was ich an ihm liebenswert fand, wohin es mich trug.
Warum wir Dinge brauchen
Als ich an meinen jetzigen Wohnort in Schottland zog, nahm ich zwar jede Menge Zeug mit, Kleider, Möbel, Kunst, Schnickschnack. Meine Bücher aber lagerte ich bei Verwandten ein. Es fühlte sich an wie eine Amputation, ich litt unter einer Art "Phantombibliotheksschmerz".
Ich griff nach einem Buch, um ein Zitat nachzuschlagen, eine Aussage zu überprüfen, um Trost zu finden – und griff ins Nichts. Nach einem qualvollen Jahr des Sehnens ließ ich meine Bibliothek nachkommen. Erst als sie mich wieder umgab, fühlte ich mich als vollständiger Mensch, war ich angekommen.
Wenn ich über die Option eines konsequenten Minimalismus nachdenke, sind mir die Sätze des Psychologen Mihály Csíkszentmihályi eine Warnung. Unter dem Titel "Warum wir Dinge brauchen" schreibt er, in den Gegenständen manifestiere sich die Persönlichkeit ihrer Eigentümer.
Sie bänden uns ein in die Gegenwart, seien Erinnerungen der Vergangenheit, Wegweiser in die Zukunft. Die Objekte lieferten konkrete Anhaltspunkte für den Standort ihrer Besitzer in der Gesellschaft.
Persönlichkeit braucht Besitz
Der britische Künstler Michael Landy hat in einer 14-tägigen Performance mit dem Titel "Break Down" seine sämtlichen Besitztümer zerstört, genau 7227 Gegenstände. "Ich will mein Selbst loswerden, damit ich mich neu erfinden kann“", sagte er; es war auch eine Art Konsumkritik.
Die Dinge, die ihm am meisten bedeuteten, vernichtete er zuletzt, unter anderem den Mantel seines Vaters. Dieses Erbstück zu zerstören habe sich angefühlt, als würde er seinen Vater selbst verstoßen, so Landy. "Was ich getan habe, war destruktiv und nihilistisch; für etwa ein Jahr war ich unfähig, künstlerisch tätig zu sein. Ich tat überhaupt nichts", so Landy im Rückblick. Es klingt, als hätte er sein Selbstgefühl ausgelöscht. Das Dasein ohne Dinge als leere Tafel. Was, wenn überhaupt irgendetwas, wirst du nun darauf schreiben, Michael Landy?
Das entgegengesetzte Extrem bilden jene, die krankhaft an ihren Objekten festhalten, die buchstäblich abhängig von ihnen sind, die extensiven Sammler, die Messies. "Für manche dieser Menschen bedeutet das Horten von Gegenständen eine Vergewisserung der eigenen Existenz – mein Zeug ist, also bin ich", so die TV-Journalistin Aggie MacKenzie. Andere
lebten in dem Gefühl, es werde der Tag kommen, an dem das alles zu gebrauchen sei. Auch könne Krempel als Bestätigung des Status quo dienen, als Damm gegen den reißenden Strom der Veränderungen.
Objekte erden
Der Gedanke, es falle uns schwer, Dinge wegzuwerfen, weil diese aufgeladen seien mit Bedeutung, ist mir durchaus vertraut. Ich besitze vier Sets antiker Gläser, Fläschchen und Flacons. Derartiges braucht kein Mensch. Schon gar nicht ich, die ich nicht einmal eine Frisierkommode besitze, auf der ich auch nur eines der Sets ausstellen könnte.
Aber es war stets mein Traum, in einem weitläufigen Anwesen zu leben. Und diese Objekte stehen wahrscheinlich für die Schlafzimmer dieser leider nicht existierenden Villa. Außerdem liebe ich es, diese Dinge anzuschauen.
Ich bin gern die Person, die sie sammelt. Um die Rolle der Objekte in zwischenmenschlichen Beziehungen zu beleuchten, interviewte der Anthropologe Daniel Miller über 17 Monate hinweg 30 Londoner Bürger. "In aller Regel gilt: je enger unsere Beziehung zu Objekten, desto enger unsere Beziehung zu Menschen", so das Ergebnis.
Er berichtete von einem Mann, der nichts besaß, der nur mit einem Minimum gespendeter Möbel und Kleidung lebte und dem darüber "der Sinn für die eigenen Grenzen und das eigene Maß abhanden gekommen war".
Das stützt die These, dass Objekte uns erden, uns einen stabilen Rahmen geben. Was keineswegs ein statischer Zustand ist, wir können mit den Dingen interagieren. Schon als Kind
habe ich meine Sachen ständig umarrangiert, in neue Relation zueinander gesetzt. Die Gewohnheit blieb.
Ich räume noch heute die Wohnung um, wenn mich ein Gefühl von Stillstand plagt. Und als meine Ehe zerbrach, da stellte ich in geradezu obsessiver Weise Möbel um, immer wieder, fast zwei Jahre lang, um so meinen Lebensraum neu zu definieren.
Der Stolz auf den Besitz
Was mich zu einem letzten, persönlichen Bekenntnis führt: Mein Stolz auf das, was ich besitze – und es geht hier keineswegs um teure, prestigeträchtige Gegenstände –, ist unmittelbar verbunden mit einer Sehnsucht nach Bewunderung und Liebe. Mit der Hoffnung, dass Menschen, die mein Zuhause besuchen, mich in einem besonderen Licht sehen, meine Person tiefer würdigen, als dies an einem neutralen Ort möglich wäre.
Mein Exmann schwor, dass er sich in mich verliebt habe, als er meine Bibliothek sah und das Lexikon, das ständig neben meinen Bett liegt. Selbstverständlich müsste ich meine Erinnerungen nicht in Staub sammelnden, Platz fressenden Objekten speichern.
Ich könnte sie auch in einen digitalen Raum auslagern. Die Technik ist mir durchaus vertraut; mit Tausenden Followern auf Twitter, Hunderten auf Pinterest, mit jeder Menge Traffic auf meinem Blog nimmt das Publikum an meinem Leben in größerem Ausmaß teil denn jemals zuvor.
Gibt es die digitale Persönlichkeit?
Also könnte ich doch auch meine Bibliothek in E-Books auslagern und meine Musik über einen Streaming-Dienst beziehen. Das aber erscheint mir als trost- und seelenlose Perspektive. Ich bewege mich mit Leichtigkeit in der digitalen Welt, und bleibe dich zutiefst objektgebunden. Ich nutze meinen Kindle nur auf Reisen, höre immer noch CDs und sehe nicht ein, warum ich meine alten Fotos in eine Cloud hochladen sollte.
Ob digitale Besitztümer so funktionieren können wie ihre materiellen Ebenbilder, ob sich in ihnen auf Dauer Identität manifestiert – die Technologie ist noch zu jung, um das abschließend beantworten zu können. Was mich anbelangt: Ohne meinen Krempel besäße ich zwar denselben Intellekt, hätte die gleichen Erinnerungen, Werte, Glaubenssätze.
Aber ohne Objekte, die mich erden, die mir Freude machen, würde ich womöglich haltlos davontreiben im Strom des Bewusstseins.
Menschen, die in militärische Eliteeinheiten oder religiöse Orden eintreten, müssen ihre persönlichen Gegenstände abgeben. So wird die Einzigartigkeit des Rekruten, des Novizen getilgt.
Getrennt von meinen Besitztümern wäre ich zwar immer noch ich. Aber wohl nicht für lange. Wenn ich meine Sachen abschaffe, schaffe ich mich schließlich auch selbst ab.
Warum wir unseren Krempel lieben sollten
- Bwana Honolulu
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Warum wir unseren Krempel lieben sollten
Wenn ich schon der Affe bin, dann will ich der Affe sein, der dem Engel auf's Maul haut.
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Seine Quasarische Sphärizität, der Bwana Honolulu,‒✴△♀ ✴ө△ʘ!
Überbefehlshabender des Selbstmordkommandos Ω−,
Herrscher über alles, alles andere und wieder nichts,
Urgroßpapapapst und Metagottkaiser in Zimmer523,
Grand Admirakel der berittenen Marinekavallerie zur See,
Reichsminister für Popularpodicifikation,
Hüter des Heiligen Q.