Cpt. Bucky Saia hat geschrieben:Nieder mit dem Sozialsystem und Brot für die Welt und nieder mit dem UN Flüchtlingswerk und nieder mit all dem was uns vom Tier unterscheidet.
Was uns vom Tier unterscheidet? Meinst du die Tiere, die wir in unseren Fleischfabriken täglich abschlachten? Oder meinst du die menschlichen Tiere, die wir z.B. in Flüchtlingslagern und Ghettos oder inzwischen gar auf ganzen Kontinenten eingesperrt halten?
Es gibt nicht "das Tier" oder "den Zombie" "an sich", das objektiv Eigenschaften wie Brutalität oder emotionale Leere hätte. Die Zuschreibung dieser Eigenschaften ist vielmehr selbst einfach nur der Mechanismus unserer Abgrenzung von ihm und er selbst eher das
Produkt als das vorausgehende Objekt dieser Abgrenzung.
Wir sind diejenigen, die Monster konstruieren, um sie von uns abzugrenzen, weil wir mit unserer eigenen alltäglichen Monstrosität nicht klar kommen. "Der Mensch", der abstrakte Mensch des Humanismus, der Mensch, "den wir alle in uns tragen", ist sogar letztlich
nichts anderes als der Prozess der Konstruktion und Ausschließung des Unmenschlichen. Und auch Dinge wie Sozialsysteme oder Wohltätigkeit haben mit
Humanismus nur insofern etwas zu tun, als auch sie letztlich dazu dienen,
unsere Menschlichkeit zu betonen -
in Abgrenzung zu denen, die unsere Hilfe empfangen. Dass die Sozialsysteme auch Mechanismen der gesellschaftlichen Ausgrenzung sind, sollte inzwischen wohl erkennbar sein. Und von Charity fange ich diesbezüglich besser gar nicht erst an.
Hitler hat ja mal sinngemäß gesagt, die erste Pflicht des Ariers sei es, den Juden auch in sich selbst auszurotten. Stechen die Ähnlichkeiten nicht heraus? Ersetze Arier mit Mensch und Jude mit Zombie und du hast genau den Diskurs des Humanismus, um den es hier geht.
Die großen Verbrechen des 20. Jahrhunderts waren nicht Verbrechen gegen "die Menschlichkeit", sondern Verbrechen im Namen "des Menschen (in uns)" (und das ist der Name eines
Ideals) gegen all jene, die man selbst vorher als Nicht-Menschen von sich abgesondert hatte.
Wir sind inzwischen alle irreparabel beschädigt, und unsere Fixierung auf das unübernehmbare (und übrigens inkonsistente) humanistische Ideal des Menschen ist eine der Ursachen dafür. Die Projektion unseres eigenen Versagens, menschlich zu sein, also dem Ideal zu entsprechen, auf eine fremde Gestalt (selbst "in uns"), die abgetötet und vernichtet werden müsste, ist ein Symptom dieser Beschädigung. Solange wir nicht lernen, diesen Double Bind zu verstehen und abzustellen, werden sich die Verbrechen des 20. Jahrhunderts bis in alle Ewigkeit wiederholen.
Allerdings eröffnet sich im Moment auch eine historische Chance. Wenn es uns gelingt, uns selbst und gegenseitig mitsamt unseren Beschädigungen, also mit unserer Nicht-Menschlichkeit anzunehmen, könnte das die Grundlage einer neuen Art von Gemeinschaft sein.
(Man gibt seine Quellen an: Dieser letzte Gedanke stammt eigentlich mehr oder weniger aus Giorgio Agambens Buch
Die Kommende Gemeinschaft.)
Will ich "nur" polarisieren? Ja sicher ist das hier eine Provokation. Aber (so hoffe ich jedenfalls) keine
dumme Provokation.
(Auch die "Diskordischen Dunkelelfen" waren eine Provokation und sogar Polarisation. Das hier radikalisiert im Grunde den selben Trend.)
Naja, ich bin ja jetzt erst mal für zweieinhalb Wochen oder so in Urlaub, also lasse ich euch jetzt erstmal diskutieren.