Bundestag verkauft Bürgerrechte in nur 57 Sekunden
Verfasst: 8. Juli 2012, 22:52
von Bwana Honolulu
WELT Online hat geschrieben:Bundestag verkauft Bürgerrechte in nur 57 Sekunden
Ein Video entlarvt die Heuchelei der Politik: Die Abstimmung darüber, dass Meldeämter alle Bürgerdaten an Adresshändler und Werbetreibende weitergeben dürfen, ist ein Tiefpunkt des Parlamentarismus.
Dieses Video ist eine Groteske und eines der wertvollsten Dokumente unserer Demokratie zugleich. Es zeigt, wie der Bundestag eines der folgenschwersten und umstrittensten Gesetze der letzten Jahre beschließt, nämlich das Gesetz zur Fortentwicklung des Meldewesens.
Dieses Gesetz erlaubt es den Einwohnermeldeämtern, sämtliche Bürgerdaten an Adresshändler und Werbetreibende herauszugeben. Dieses Gesetz betrifft jeden Bürger, es nimmt ihm das Recht auf informationelle Selbstbestimmung. Es ist, wie viele Politiker heute zu Recht feststellen, ein Skandal.
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[BBvideo 640,390][/BBvideo]
Ich hielt das immer für ein Klischee, aber...
WELT Online hat geschrieben:Übrigens: Als das Parlament abstimmte, übertrug das Fernsehen live das Europameisterschaftsspiel Deutschland gegen Italien. Gut möglich also, dass der Fußball die Parlamentarier an diesem Abend einfach mehr interessierte.
Re: Bundestag verkauft Bürgerrechte in nur 57 Sekunden
Verfasst: 8. Juli 2012, 23:43
von Tarvoc
Das kommt doch nie am Bundespräsidenten und am Bundesverfassungsgericht vorbei... oder?
Re: Bundestag verkauft Bürgerrechte in nur 57 Sekunden
Verfasst: 9. Juli 2012, 11:27
von Tarvoc
Tarvoc hat geschrieben:Das kommt doch nie am Bundespräsidenten und am Bundesverfassungsgericht vorbei... oder?
Äh, Quatsch... erstmal muss das natürlich noch durch den Bundesrat, und vermutlich scheitert das schon da, bei der Empörung, die das jetzt schon hervorruft.
Re: Bundestag verkauft Bürgerrechte in nur 57 Sekunden
Verfasst: 9. Juli 2012, 12:25
von Bwana Honolulu
[quote="Stern"]---Eilmeldung---Bundesregierung distanziert sich von umstrittenen #Meldegesetz.
— stern.de (@sternde) July 9, 2012[/quote]
FoeBuD hat geschrieben:In nur 57 Sekunden hat der Bundestag das neue Meldegesetz beschlossen, aber wenn es wirklich kommt, werden die Folgen für die Bürgerinnen und Bürger gravierend sein. Werbetreibende und Adresshändler dürften sich in Zukunft frei an den Daten der Einwohnermeldeämter bedienen. Um die Weitergabe ihrer Adresse zu verhindern, müssen die Bürger aktiv Widerspruch einlegen – und selbst der Widerspruch nützt nichts, wenn die Daten dem Adresshändler schon vorliegen und nur "berichtigt" werden. Irgendwelche Daten liegen quasi immer vor - damit wäre der Datenschutz bei Meldedaten am Ende.
Eigentlich sollte im neuen Meldegesetz der Grundsatz des "opt-in" verwirklicht werden, das heißt: Datenweitergabe braucht die ausdrückliche Zustimmung. Datenschutz ist Standardeinstellung, kein extra Aufwand für die Bürgerinnen und Bürger.
Kurz vor der Abstimmung über das Gesetz brachte der Innenausschuss die Änderungen ein, die diese Regelung ins Gegenteil verkehrte.
Doch es ist noch nicht zu spät. Denn der Bundesrat muss dem Gesetz noch zustimmen. Die nächste Sitzung des Bundesrates findet am 21. September statt. Wir wollen die Länder überzeugen, dass sie gegen das neue Meldegesetz stimmen.
Deshalb haben wir gemeinsam mit campact - Demokratie in Aktion - einen Appell an die Ministerpräsidenten aller Bundesländer gestartet. Wir fordern sie auf, sich gegen die Abschaffung des Datenschutzes im Melderecht einzusetzen und dafür zu sorgen, dass die Daten der Bürger nicht an Adresshändler weitergegeben werden dürfen, außer die Betroffenen haben ausdrücklich zugestimmt.
Meldeämter dürfen kein Selbstbedienungsladen für den Adresshandel werden!