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Re: Spontane Selbstentzündung durch aufgestaute Gedankenfürze

Verfasst: 28. Juni 2017, 22:36
von fehlgeleitet
crossposting aus dem DF-Forum
Ich habe in den letzten Tagen noch ab und zu über diese Diskussion nachgedacht.

Ich denke der Verteidiger Stiners hätte seinen Job besser machen können :lala: - meine Argumentation wäre angreifbar gewesen.
Um Stirner zu verteidigen muß man sich nämlich nicht auf die Seite von den Milliardären schlagen, auch diese kann ich als radikaler Konsument ablehnen. Im Grunde ist es auch gar nicht Sache eines radikalen Konsumenten eine -reale oder fiktive - "Leistung" zu würdigen, sondern nur, was es ihm selber bringt ist für ihn von Intresse.

Im Grunde ist nicht nur das Werk Stiners intressant, sondern vor allen Dingen den Widerspruch den es auslöste. Und zwar sowohl von linker, wie auch rechter Seite. Sogar die postmodernen sehen ihn als symptomatisch für die "gescheiterte Aufklärung"

Dieser widerspruch verfolgt uns bis heute - die meisten Menschen reagieren "verstört" auf die Aussage, "ich bin im wesentlichen mit ein wenig Konsum zufrieden, die Welt intressiert mich nicht".

Nun wäre intressant herauszufinden, woher dieses "verstört sein" kommt. Haben sie vielleicht Angst?

Hier ein Querverweis, der vielleicht etwas mit der ganzen Problematik zu tun hat: In den Konzentrationslagern der Nazis gab es sogenannten "Muselmänner", das waren Häftlinge, die auf ihre niedrigsten Körperfunktionen reduziert waren und mit Untoten oder Zombies verglichen wurden. Nicht nur die Wärter sahen auf sie herab, auch die anderen Häftlinge hatten Angst vor ihnen und mieden jeden Kontakt.

Angeblich starben diese Muselmänner schnell - es gab sie übrigens auch in den Gulags - womit man "beweisen" könnte, dass der der sich selbst zum reinen Konsumenten erniedrigt auch bald seinen letzten Lebenswillen verliert. Dies impliziert, die "richtige Geisteshaltung" könne einen also erretten. Agamben hat sich hiermit irgendwie befasst, muß ich mal wieder raussuchen. Ich hoffe ich verstehe ihn diesmal besser :-)

Aber möglicherweise ist das nur eine Legende. Agamben sagt ja, dass Muselmänner so zerstört sind, dass sie selbst kein Zeugniss mehr ablegen können. Also ist es vielleicht nur die Außenwelt, die in ihnen "reine Konsumenten" sieht, vielleicht haben sie es selbst ja ganz anders wahr genommen. Vielleicht ist das Wort "Konsument" ja selbst ein diskriminierungsversuch, um jemanden als "überflüssig" darzustellen.

Soweit meine Gedanken.

Re: Spontane Selbstentzündung durch aufgestaute Gedankenfürze

Verfasst: 28. Juni 2017, 23:29
von fehlgeleitet
habe unter http://www.lsr-projekt.de/ms.html einige coole Texte zu Stirner gefunden.

ich glaub das schaue ich mir mal an ^^

Re: Spontane Selbstentzündung durch aufgestaute Gedankenfürze

Verfasst: 10. Juli 2017, 17:06
von fehlgeleitet
naja, ich persönlich denke nicht, dass gewalt eine politische Vision ersetzt. Aber irgendwie möchte ich jetzt aufstandsversuche nicht verurteilen. ich bin dankbar das Menschen den Mut hatten da mitzumachen.

Re: Spontane Selbstentzündung durch aufgestaute Gedankenfürze

Verfasst: 16. Juli 2017, 23:41
von fehlgeleitet
hier mal wieder ein mathematisches kuriosum, an dem Diskordianer ihre Freude haben. SOLLEN!

https://de.wikipedia.org/wiki/Benfordsches_Gesetz

Re: Spontane Selbstentzündung durch aufgestaute Gedankenfürze

Verfasst: 17. Juli 2017, 10:59
von Bwana Honolulu
 ! Nachricht von: Bwana Honolulu
Hab' die Diskussion zu G20 & Co. mal in einen eigenen Thread verpackt.

Re: Spontane Selbstentzündung durch aufgestaute Gedankenfürze

Verfasst: 18. Juli 2017, 13:48
von fehlgeleitet
mir viel noch was zu Zizek ein. Ist seine Behauptung das Trump irgendwie gut für die Demokratie sei, weil alle durch den Schock aufwachen müssten so ähnlich wie seine These über das Christentum, die wir vorher hier diskutiert haben?

Trump beschädigt doch jeden Tag der er weiter im Amt ist das Vertrauen in demokratische Institutionen?

Und warum ist Pence so besonders schlimm, außer das er eben eine der christlichen Fundamentalisten ist?

Re: Spontane Selbstentzündung durch aufgestaute Gedankenfürze

Verfasst: 16. Oktober 2017, 21:58
von fehlgeleitet
hiermal wieder einer auf meinen öffentlich-virtuellen notizblock:

Schaut man sich Freuds Kulturtheorie (totem und tabu) an, so klingt sie verdammt ähnlich wie die des historischen Materialismus, in dem Sinn, dass es um die Verteilung von Recourcen geht und einem Kampf darum.
Vielleicht lags daran, dass sowohl Marx als auch Freud Darwin ziemlich cool fanden.

Freuds Theorie ist im wesentlichen, dass ein Alphamännchen das Dorf tyrannisiert und ihn dann irgendwann die jungen Männer erschlagen um auch Zugang zu den Frauen zu haben. Danach entwickeln sie ein schlechtes gewissen und erklären ihn zum übervater, der im jenseits über sie wacht.

für freuds hochspekulative psychoanalyse gab es nur eine form des geschlechtstriebs (frauen waren passiv bzw. hatten den gleichen trieb wie die männer). Die heutige genderwissenschaft sieht fast aus wie ein erbe der psychoanalyse, mit dem unterschied das sie mehrere geschlechtskräfte zulässt :?: :kopfkratz:

edit: zumindest regen sich die feministen immer über freuds penis-neid theorie auf, die er als eine grundeigenschaft der frau sieht. also ihre kritik setzt bei freud an.

Re: Spontane Selbstentzündung durch aufgestaute Gedankenfürze

Verfasst: 17. Oktober 2017, 17:01
von fehlgeleitet
wollte kurz darauf hinweisen, dass in diesem Video: die verschiedenen psychoanalytischen "Initiationssysteme" vorgestellt werden, die teilweise quasi-religiösen Charakter haben.

Um klinischer Psychoanalytiker zu werden muß man Jahre, wenn nicht Jahrzehntelang eine Analyse "über sich ergehen lassen". Dabei gibt es wohl verschiedene Modelle, je nachdem in welchem Land man sich befindet. Dabei gibt es teilweise verschiedene Grade und einige dieser Systeme sind sehr dogmatisch, In keinem dieser Initiationssysteme würde man etwas über wissenschaftliches Arbeiten lernen (wozu auch, ist ja Sache der Unis, denke ich wenigstens) sondern in eine intensive Beziehung zum Therapeuten treten, dem man seine ganze Psyche ausbreiten muß.

Um zu überleben versucht die Psychoanalyse sich wohl mit der Naturwissenschaft zu verbinden und versucht empirische Befunde zu erheben, zb aus der Mutter-Kind Beziehung abzuleiten, wie der spätere Lebenslauf sein könnte.

Re: Spontane Selbstentzündung durch aufgestaute Gedankenfürze

Verfasst: 20. Oktober 2017, 13:40
von fehlgeleitet
Eine Sache noch:

Soweit ich es verstanden habe, gibt es auch in der Psychoanalyse die Idee eines Ego-Tods, ein Begriff den ich bisher nur aus dem westlichen Buddhismus kannte. Bei einer Psychose, so lautet einer psychoanalytische Erklärung, wird das Ich vernichtet, zurück bleibt das Es (also die Triebe) und das Über-Ich(also die moralischen Maßstäbe). Der Vermittler, dass Ich, fehlt.

Bei einer Psychoanalyse kann es dem Patienten auch passieren, dass sein Ich zerschmettert wird.

Ich habe aber bisher nicht verstanden ob die Zerschmetterung des Ichs Ziel der Psychoanalyse sei.

Re: Spontane Selbstentzündung durch aufgestaute Gedankenfürze

Verfasst: 20. Oktober 2017, 18:05
von Tarvoc
fehlgeleitet hat geschrieben:Ich habe aber bisher nicht verstanden ob die Zerschmetterung des Ichs Ziel der Psychoanalyse sei.
Beinahe im Gegenteil. Freuds Slogan war "Wo Es ist, soll Ich werden". Wilhelm Reich ergänzt das um die Formel: "Wo Über-Ich ist, soll Ich werden". Übrigens hat u.A. Lacan herausgestellt, dass das Über-Ich eine grundsätzlich sadistische Instanz ist. Es stellt nicht moralische Maßstäbe auf, damit wir unseren Nächsten kein Leid zufügen, sondern es formuliert unerreichbare Ideale, damit wir an ihnen scheitern. Freud bringt diese beiden Aspekte noch durcheinander. Dazu, sich im Umgang mit anderen anständig zu verhalten, ist das Ich durchaus alleine in der Lage.

Das Über-Ich ist sozusagen keine moralische, sondern eine moralistische Instanz, und als solche für mindestens ebenso viele Probleme verantwortlich wie das Es.