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Re: Demokratie und Anarchie
Verfasst: 16. Juli 2019, 09:04
von Cpt. Bucky Saia
Der Kampf findet also nicht mehr mit der Waffe auf dem Schlachtfeld statt sondern mit der Suppenkelle in der Diskussionsrunde.
Ist im grunde auch nichts anderes als das was ich bezüglich schon des Kommunismus gesagt habe. Bewaffneter Wiederstand führt fast automatisch zu gegengewalt. Selbst wenn man die Revolution schafft dann ist ihr Fundament auf Gewalt errichtet.
Die eigentlich Revolution ist eine stille Revolution. Sie muß erst in den Köpfen stattfinden. Hat sie dort erfolg ist eine bewaffnete Revolution nahezu hinfällig.
Dabei wäre es aber wohl idealistisch davon auszugehen das ein zusammenleben gänzlich ohne Gewalt praktiziert werden würde. Nichtsdestotrotz würde ein umdenken dazu beitragen potenzielle Konflikte von vornherein zu vermeiden bzw diese entschärfen wenn es soweit käme.
Diese Form des friedlichen Anarchismus trägt m.M. ähnliche religiöse züge wie die Idee des Kommunismus. Vieleicht bin ich deswegen immer noch ein großer Freund der Panokratie.
Re: Demokratie und Anarchie
Verfasst: 16. Juli 2019, 18:57
von Tarvoc
Bwana Honolulu hat geschrieben:2. diese angesprochenen Organisationen so klein und vielschichtig halten, daß die seltenen, gewalttätigen Konflikte ggf. eher klein und harmlos werden, und zum Teil auch einfach schwierig auszuführen.
Historisch betrachtet haben Menschen selbst zu Zeiten Kriege geführt, als sie noch in Sippen mit einigen wenigen hundert Leuten unterwegs waren... und das ist heute wohl kaum noch realistisch. Das eigentliche Problem an der ganzen Geschichte ist aber doch, dass mit solchen Organisationsformen nicht nur große Kriege schwieriger auszuführen sind, sondern
überhaupt alle größeren Vorhaben, wie sie für moderne, hochentwickelte Gesellschaften charakteristisch und z.T. unvermeidbar sind, von der alltäglichen Organisation moderner Produktion bis hin zur globalen Applikation von Lösungen für das Klimawandel-Problem. Mal ganz abgesehen davon, dass solche kleineren Organisationsformen jeder größeren, die eben nicht den Anstand hatte, einfach zu verschwinden, hilflos ausgeliefert sind.
Re: Demokratie und Anarchie
Verfasst: 16. Juli 2019, 18:59
von Tarvoc
Cpt. Bucky Saia hat geschrieben:Der Kampf findet also nicht mehr mit der Waffe auf dem Schlachtfeld statt sondern mit der Suppenkelle in der Diskussionsrunde.
Wie willst du denn garantieren, dass das so läuft?
Re: Demokratie und Anarchie
Verfasst: 16. Juli 2019, 19:07
von Cpt. Bucky Saia
Gar nicht. Dafür gibt es keine Garantie. Das einzige was man machen kann ist halt gezielt drauf hinarbeiten und hoffen das kein andere dazwischen grätscht.
Ist natürlich fernab der derzeitigen realität versuchen kann man es deswegen aber trotzdem bzw sollte man es vieleicht sogar grade deswegen versuchen.
Re: Demokratie und Anarchie
Verfasst: 16. Juli 2019, 20:13
von Bwana Honolulu
Tarvoc hat geschrieben:Wie willst du denn garantieren, dass das so läuft?
Gegenfrage: Was ist die dauerhafte Alternative zu so einem System? Wieder ein Staat mit Staatsgewalt, die dann der nächste Diktator usurpieren kann, weil er sich bloß ins gemachte Nest setzen muss?
Re: Demokratie und Anarchie
Verfasst: 16. Juli 2019, 20:56
von Tarvoc
Bwana Honolulu hat geschrieben:Gegenfrage: Was ist die dauerhafte Alternative zu so einem System?
Du kannst ja noch nicht mal zeigen, dass "so ein System" überhaupt
selbst eine gangbare Alternative ist. Die Alternative zu einem Unmöglichen wäre per definitionem das Mögliche. Die Sache ist doch ganz einfach: Wenn du schon die Fragen, die ich dazu bisher gestellt habe, nicht beantworten kannst, wie willst du dann
irgendwen außerhalb dieses kleinen Forums davon überzeugen, dass das auch nur annähernd ein vernünftiges politisches und gesellschaftliches Ziel ist? Ich muss keine Gegenalternative zu diesem ideologischen Äquivalent eines Schweizer Käse formulieren, weil ich hier gerade gar niemanden von einer bestimmten Idee überzeugen will. Ich fühle hier lediglich einer gegebenen Idee auf den Zahn - und "Wird schon irgendwie funktionieren" wird wirklich
niemanden überzeugen.
Re: Demokratie und Anarchie
Verfasst: 17. Juli 2019, 22:32
von Quant Vanawolb
Kurz nur zur Info: Die Crimethinc Leute sind sich durchaus bewusst, dass das, was sie da schreiben und machen nicht der Weisheit letzter Schluss ist. Sie sind sich bewusst, Menschen zu sein, die nun einmal nicht perfekt sind. Und aus diesem Grund ist das alles nur "work in progress" und sicherlich nicht die Erklärung der Welt. Crimethinc kriegt auch öfter mal geharnischte Kritik und sie finden das sogar gut. Weil Kritik eben dabei hilft, Dinge neu zu betrachten.
Bezüglich des Vorgangs, wie das alles irgendwann irgendwie doch mal mehr ist als Utopie (was ich übrigens nicht negativ sehe. Meiner Meinung nach kann man ohne Utopien auch gleich aufhören, sich eine bessere Welt zu wünschen. Realismus hat zumindest noch keinen Fortschritt gebracht...) werden kann, haben sie eigentlich einge ganz gute Idee: Ihr Ding machen und immer wenn irgendwas neues passiert (Occupy-Bewegung, New Orleans, etc) ihre Hilfe anzubieten und mitzumischen. Ich bin davo zwar nicht immer überzeugt, weil es z.B: wenig hilfreich gewesen wäre in den Aluhut-Friedensbewegungen vor ein paar Jahren mitzuwirken. Manche haben das ja versucht und das ist gnadenlos gescheitert. Aber andererseits ist ja auch manchmal scheitern ganz gut.
Re: Demokratie und Anarchie
Verfasst: 18. Juli 2019, 13:08
von Tarvoc
Quant Vanawolb hat geschrieben:Aber andererseits ist ja auch manchmal scheitern ganz gut.
Wieder versuchen. Wieder scheitern. Besser scheitern.
Re: Demokratie und Anarchie
Verfasst: 19. Juli 2019, 10:43
von Cpt. Bucky Saia
Ich würde vieleicht das ganze noch um "was anderes versuchen" ergänzen.
Re: Demokratie und Anarchie
Verfasst: 19. Juli 2019, 22:39
von Quant Vanawolb
Tarvoc hat geschrieben:Quant Vanawolb hat geschrieben:Aber andererseits ist ja auch manchmal scheitern ganz gut.
Wieder versuchen. Wieder scheitern. Besser scheitern.
Yes! Scheitern bis zur Perfektion... Und an diesem Versuch auch wieder scheitern.