So, ich war mal bei
Marx21, einem trotzkistischen Netzwerk bei
die Linke
Wie auch die MLPD lehnt Marx21 den bürokratischen Sozialismus ab, macht für diese Entwicklung jedoch Stalin und nicht Chruschtschow verantwortlich und lehnt im Gegensatz zur MLPD den Maoismus ab. Aber außer der abweichenden Deutung der Geschichte des realen Sozialismus scheint das Programm viele ähnlichkeiten aufzuweisen.
Wie auch die MLPD legt Marx21 den Fokus auf Praxis und die Führung der Arbeiterklasse in Arbeitskämpfen. Die Arbeiterklasse soll selbst bestimmen, wohin die Reise geht, alle anderen dürfen helfen, aber sind nur Beiwerk, dass sich dem Willen der Arbeiterklasse unterzuordnen hat. Man konzentriert sich auf das herausbilden von kämpferischen Gewerkschaften, die MLPD hat da eine wohl etwas breitere herangehensweise, sie macht ja aus strategischen Gründen gerne mal den Nebenwiderspruch zum Hauptwiderspruch, was glaube ich eine maoistische Strategie ist.
Erstaunlich, dass sich die beiden Organisationen spinnefeind sind. Ich finde es ehrlich gesagt etwas lächerlich, die politische Ausrichtung einer Partei an einer Person festzumachen.
Ich werde nun die beiden erhaltenen Schriften zusammenfassen und beginne mit der aktuelleren:
Tony Clif - Die Ursprünge der internationalen Sozialisten. Die Weiterentwicklung der Theorien Trotzkis nach 1945 (2000)
1. Kapitel - das Problem erkennen
Es wird darauf hingewiesen, dass Trotki viele richtige Vorhersagen machte, aber mindestens ebenso oft danebenhaute. Das gleiche gilt für seine Schüler. Einige seiner Schüler waren zum Beispiel der Meinung, dass der zweiter Weltkrieg nach dem offiziellen Kriegsende nicht vorbei war, weil Trotzki fälschlicherweise vorhergesagt hatte, dass der Hitlerfaschismus Stalin das Genick brechen würde. Andrerseits warnte Trotzki richtigerweise immer wieder vor der Machtergreifung Hitlers.
Einige Schüler Trotzkis verstiegen sich zu der Idee, dass der Atomkrieg ein geeignetes Mittel sei, die Weltrevolution einzuleiten.
Der Einfluß der Trotkisten innerhalb der Arbeiterbewegung war aber schon immer marginal.
Das Buch versucht Trotzkis Theorien zu aktualisieren und die Spreu vom Weißen zu trennen
2. Kapitel - Staatskapitalismus
Die UDSSR unter Stalin wird als staatskapitalistisch bestimmt, weil der Arbeiter von den Produktionsmitteln getrennt ist, und die Distribution der Produktionsmittel bereits alles weitere bestimmt. Weiterhin wird behauptet, dass man den Staatskapitalistischen Charakter der UDSSR daran nachweisen kann, dass der Übergang zum Kapitalismus nicht die Zerschlagung des Staates vorraussetzte.
Beispiel: Der KGB also ohne größere Umstellungen weitermachen konnte wie bisher, unter neuem Namen.
Strittig ist, ob es sich um einen unter dem Druck des Auslands degenerierten Arbeiterstaats handelt, oder aber um einen Staatskapitalismus. Der Autor entscheidet sich für letzteres aus oben genannten Gründen. Das Kapitel ist argumentativ das stärkste.
3. Kapitel - Permanente Rüstungswirtschaft
Hier wird behauptet, die Rüstungswirtschaft wäre in der Lage die Krisen des Kapitalismus zu dämpfen, weil hohe Staatsausgaben eine Überproduktionskrise verhindern. Denn die Staatsausgaben erschaffen ja keine Waren, wohl aber wird Lohn ausgezahlt.
Als Grund für die permanente Rüstungswirtschaft werden Aussagen von Lenins Imperialismustheorie herangezogen sowie der kalte Krieg. Allerdings buchstäblich nur zwei Sätze. Teilweise beschleicht einen das Gefühl, dass der Autor gar nicht verstanden hat warum der Staat Rüstungsausgaben tätigt. Auch die militärische Dominanz der USA wird zwar erwähnt, daraus werden aber keinerlei interessante Schlüsse gezogen.
Die gezogenen Schlüsse können allesamt wenig überzeugen. Man fragt sich die ganze Zeit, warum der Staat nicht ein bedingungsloses Grundeinkommen auszahlte, wenn es ihm nur darum geht ein bisschen Kaufkraft zu erzeugen.
4. Kapitel - umgelenkte permanente Revolution
Mao und Castro haben angeblich keine kommunistische Revolution durchgeführt, weil Mao auf Bauern zählte, Castro auf kleinbürgerliche Intellektuelle. Beiden Klassen wird ein reaktionärer Nationalismus unterstellt. Weiterhin findet sich die Aussage, dass eine Befreiung von Kapitalismus von außen nicht möglich sei, der systemwechsel müsse schon das Werk der nationalen Arbeiterschaft sein.
Der Gedanke ist teilweise nachvollziehbar, allerdings sind kleinbürgerliche Intellektuelle die Berufsrevolutionäre werden wie im Fall von Castro sicherlich nicht mehr als kleinbürgerliche Intellektuelle zu bestimmen und Maos verarmte Bauern sind doch ein quasi-proletariat? Insofern halte ich den Gedanken insgesamt für eine Haarspalterei.
5. Kapitel - das Erbe
Den kommunistischen Parteien wird vorgeworfen, kurz vor Kriegsende mit den Allierten zusammengearbeitet zu haben, anstatt die Gunst der Stunde zu nutzen sich vom Kapitalismus zu befreien. Weiterhin wird Stalin vorgeworfen, antideutsch gewesen zu sein, anstatt antifaschistisch und so den antifaschistischen Deutschen das Wasser abgegraben zu haben.
Ich habe den EIndruck, dass der Autor den Einfluß der kommunistischen Parteien kurz vor Kriegsende maßlos überschätzt, mag schon sein dass die ein paar fragwürdige Entscheidungen getroffen haben.
6. Kapitel - Schlußfolgerung
Der Autor meint, dass die 3. Welt den Stalinismus und Maoismus interessant fand, weil er einen raschen industriellen Aufbau versprach und Trotzkisten nie in der Lage waren, irgendwo eine maßgebliche Zahl von Anhängern zu versammeln. Seit dem Untergang der UDSSR würden sich nun aber völlig neue Perspektiven ergeben.
Die nächste Schrift folgt demnächst.