Eines Morgens

"It was definitely murder - but was it art?"
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adleritey
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Eines Morgens

Beitrag von adleritey »

Wie immer war es viel zu früh. Von der Ferne erklang der Wecker und erinnert ans Aufstehen. Treffsicher die Snooze-Taste gefunden. Das Klingeln verschwindet in der Ferne. Es verschafft weitere Minuten der Transzendenz zwischen Schlaf und Wachsein.

Doch Schlaf war mehr ein Wunsch als ein Faktum. Einen Großteil der Nacht hat man sich ruhelos im Bett gewälzt Dazwischen lagen Alpträume.

Das Klingeln des Weckers verschwand. Die Stille und die Bilder tauchten wieder auf. Da war auch wieder der Wald. Am Himmel des Abendrot und die dichten Nadelbäume warfen ihre Schatten voraus. In wenigen Stunden wird der Abendstern sichtbar sein und die Wesen einen bis zum Beginn der Nacht begleiten.

Aber dennoch passte etwas nicht. In diesem Idyll machte sich ein beklemmendes Gefühl breit. Erst schien es nur eine Nuance zu sein, das kaum wahrnehmbare Knarzen des Orchestersaales als das Streichquartett pianopianissimo spielt. Doch aus dem Hauch des Gefühles entwickelte sich etwas das wie eine nicht perfekt gestimmte Geige klingt.

Ist der Gesang der Grillen einem aggressiven Rufen gewichen? Singen die Vögel noch ihr frohes Lied oder beklagten sie über das kommende Leid des Winters? Knackst das Holz unter den Füßen, oder ist es der morsche Baum im lauen Sommerwind?

Jetzt ist nicht die Zeit für paranoide Gedanken - Eigentlich will das Idyll genossen werden. Der Wald birgt Frieden. Der schwere Duft der Tannen und des Mooses wirken wie Balsam auf die Seele. Der weiche Boden dämpft die schweren Schritte und das Geräusch der Krallen. Auf dem breiten Weg schlagen keine Äste ins Gesicht.

Mitten im Wald ist eine Lichtung. Weiches Moos, ein paar Büsche mit Beeren. Das lohnende Ziel des Weges. Doch kurz vorher verstummen die Geräusche. Es war offensichtlich. Es klappte schon wieder nicht das Ziel zu erreichen. Das Streichquart war nun vollends verstimmt.

Schnell und ohne großes Umsehen zur Lichtung. Der einzige Weg um aus diesem Wald herauszukommen. Doch statt einem Weg griffen die Äste nun. Plötzlich ein stechender Schmerz. Dann ein Ruck. Ein geübter Griff nach hinten. Die Äste hatten wohl einige Federn herausgerissen. Vorsichtig und schnell weiter. Es wird schon Dunkel.

Doch der Weg war nicht einfach. Wie jede Nacht. Je näher die Lichtung desto mehr Schmerzen an den Flügeln. Feder um Feder vorwärts um zu Fliehen. Es wird knapp werden. Noch ist es schaffbar. Die Stimme der Geigen verkommt zu einem quälenden Gejammer. Lichtung oder Licht am Ende des Tunnels?

Ich wache auf. Es ist 04:30 Uhr am Morgen. Bis der Wecker schrillt habe ich noch zwei Stunden. Meine Hände fühlen sich nass an. Ich schrecke hoch und schalte die Nachttischlampe an. Die Hände sind voll mit schwarzer Tinte. Ich schrecke hoch und schaue in den Spiegel: Die Nacht hat mich wohl mitgenommen, denn ich sehe sehr zerzaust, man könnte fast meinen gerupft aus.

Ich schalte das Licht im Zimmer an. Als sich meine Augen an das Licht gewöhnt habe, fällt mein Blick auf meinen Schreibtisch. Dort liegt ein Zettel und einiger Federn. Meiner Federn. Verdutzt mache ich mich auf dem Weg dorthin. Ich lese den Zettel und erinnere mich an die Träume in den letzten Nächten.

Mit einem schlechten Gefühl lege ich den Zettel zurück auf den Tisch und öffne das Fenster. Der Morgen bricht gleich an.
Die Vögel beginnen langsam ihr Lied zu singen und in der Ferne höre ich wie jemand Geige spielt. Leider beherrscht diese Person das Instrument nicht gut, denn es klingt wie eine Schar zirpender Grillen.
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Bwana Honolulu
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Re: Eines Morgens

Beitrag von Bwana Honolulu »

:kombiniere: Hat was. Bißchen kafkaesk mit dem Verwandlungsthema und so. ^^ Ich verschieb's mal nach Chaoskunst. :schumi:
Wenn ich schon der Affe bin, dann will ich der Affe sein, der dem Engel auf's Maul haut. XD
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adleritey
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Re: Eines Morgens

Beitrag von adleritey »

hätte ich es als kunst gesehen hätte ich es da gepostet XD
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Re: Eines Morgens

Beitrag von Bwana Honolulu »

Ist schon richtig hier. ;-D
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Re: Eines Morgens

Beitrag von adleritey »

Nach wenigen Minuten wurde das Fenster geschlossen. Wer so früh am Morgen so schlecht Geige übt, dem muss nicht zugehört werden. Meine Krallen klacken über den kalten Fliesenboden. Zeit für den Kaffee. Nun lohnt sich das Schlafen auch nicht mehr.

Doch der Weg in die Küche kommt erstaunlich lang vor. Irgendwas passt nicht. Obwohl das Fenster geschlossen ist, hört man das Geigenspiel. Oder ist es das Zirpen der Grillen? Ist es Teppichboden oder weiches Moos? Doch bald ist die Küche erreicht.

Den Wasserkocher gegriffen, Wasser reingefüllt und eingeschalten. Währenddessen den Kaffeefilter befüllt. Beim Einfüllen sich fragen ob es Erde oder Kaffepulver ist. Es scheint als sei ich noch nicht ganz wach.

Als der Wasserkocher angeht, hörte ich einen lauten Knall und finde mich in der Dunkeheit wieder. Laut fluchend gehe ich zum Fenster um die Fensterladen hochzufahren. Nun erfüllt auch das erste Licht des Tages die Küche. Alles wirkt normal. Es bleibt alleine das dumpfe Gefühl, dass etwas nicht passt.

Aber ich sollte nicht so viel auf meine Träume geben, vor allem nicht auf den der letzten Nacht. Er tritt gehäuft und in vielen Variationen auf. Das Ende ist gleich, ich schaffe es meistens knapp zu entkommen. Diese Nacht war nicht anders, aber die Relikte wie das Schreiben irritieren mich.

Erstmal eine neue Sicherung suchen, hier im Altbau wurde die Elektrik noch nicht renoviert. Danach die Hände waschen, vielleicht geht dann die schwarze Tinte runter. Keine Ersatzsicherungen da. Die Hände werde ich mir im Dunkeln, genauer im Morgengrauen waschen.

In diesem Moment bin ich ganz glücklich, erst in die Wohnung eingezogen zu sein. Der Kühlschrank wurde noch nicht geliefert, da kann nichts kaputt gehen. Stoisch schreibe ich Sicherungen auf den Einkaufszettel. Der Feiertag ist auf einen Samstag gefallen, damit wir es mit Strom in der Wohnung erst wieder am Montag was.

Meine Wohnung ist eine der letzten, die noch nicht renoviert wurden. All die Nachbarn haben schon moderne Sicherungen. Da hilft mir das Fragen nicht. Auch der Hausmeister hat keine mehr. Die letzten zwei Wochen habe ich fast täglich eine neue Sicherung gebraucht.

Dieser Tatsache geschuldet lebe ich wie ein Eremit mit nur den wichtigsten elektronischen Geräten. Kein Fernseher der läuft und kein Computer zum Zocken. Alleine ein alter Laptop und eine Auto-Batterie versorgen mich zuverlässig mit Strom.

Die Vermieter wissen beschied, allerdings ist der frühste Termin zu dem alles behoben wird, ist noch drei Wochen in der Zukunft. Wir wurden uns darüber einig, dass ich dafür das erste Jahr keine Miete zahlen muss.

Ja, ich hätte eine andere Wohnung nehmen können. Ja, ich hätte auf anderen Handwerker bestehen können. Allerdings ist die gute Lager der Wohnung und der Grundriss liebe auf den ersten Blick gewesen. Eine renovierte Altbauwohnung mit hohen Decken und breiteren Fenstern. Irgendwo anders würde man viel Geld für eine Loft-Wohnung zahlen.

Man konnte es drehen und wenden, aber die Wohnung hatte keinen Mangel, der mir nicht kommuniziert wurde. Also die Sache mit dem Strom. Auch die Vermieter sind soweit ein solides, rechtliches Konstrukt.

Allerdings ist mir der schnelle Umzug nicht gut bekommen, kurz davor und seit diesem, plagen mich die Träume in der Nacht. Allerdings traten sie noch nie aus ihrer Welt heraus. Vielleicht habe ich das Schlafwandeln begonnen? Obwohl, dass kann man ausschließen.

Im Staub am Boden und in dem Moos fanden sich keine Fußabdrücke. Ich rieb mir die Augen. Der Boden ist staubig geworden und ich sollte heute noch wischen.
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